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Gedämpfte Stimmung in der Kantorstraße Neubau der Dessauer Synagoge wird teurer - Jüdische Gemeinde kämpft mit Preissteigerungen

Von Annette Gens 14.08.2021, 12:15
Der Bauplatz der Synagoge: Noch konzentrieren sich die Bauarbeiten am Kantorhaus und nicht auf den eigentlichen Neubau der Synagoge.
Der Bauplatz der Synagoge: Noch konzentrieren sich die Bauarbeiten am Kantorhaus und nicht auf den eigentlichen Neubau der Synagoge. (Foto: Thomas Ruttke)

Dessau/MZ - Manchmal sind sie voller Hoffnung und manchen Tag auch ein wenig ratlos. Denn die Baustelle vor der Haustür neben der Dessauer Kantorstraße wächst langsamer als erwartet, dafür wachsen aber die Kosten schon jetzt in ungeahnte Höhe.

Der Bau der neuen Synagoge liegt nicht mehr im Zeitplan. „Im März 2022 können wir sicher keine Einweihung feiern. Ich kann nicht sagen, dass wir voll zufrieden sind“, sagt Alexander Wassermann, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Dessau. Doch Wassermann weiß, dass der Zeitplan wohl noch das geringere Problem bei dem großen Bauvorhaben ist.

Die Kostensteigerungen stellen die Gemeinde dagegen vor ein riesiges Problem: „Vieles am Bau wird wesentlich teurer werden, als der Architekt veranschlagt hat“, schildert Wassermann. Den Grund für diese Kostenexplosion sieht der Bauherr nicht nur in der allgemeinen Preissteigerung im Baugewerbe. Seit ein Starkregen über Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen niederging und dort vor wenigen Wochen unzählige Häuser und Höfe zerstört wurden, die nun wieder aufgebaut werden müssen, „ist die Nachfrage nach Baumaterial immens größer geworden“. Steigt die Nachfrage am Markt, steigen gewöhnlich auch die Preise.

Freude war in Dessau zum Baustart der neuen Synagoge groß

Dabei war die Freude übermäßig groß, als die Jüdische Gemeinde endlich das Geld zum Bau einer neuen Synagoge beisammen hatte. Sie selbst sparte und sammelte jahrelang dafür Geld. Unzählige Spenden waren eingegangen, damit in Dessau nach der Zerstörung der alten Synagoge durch die Nazis eine neue Synagoge errichtet werden kann. Stadt und Bund, der Zentralrat der Juden und unzählige Spenden hatten den Traum der Jüdischen Gemeinde mit möglich gemacht. Das Land wird für die Sicherung des neuen Gebäudes aufkommen. Den Neubau schließlich hatte die Kurt-Weil-Gesellschaft 2014 angeregt und die Kosten für den Entwurf übernommen.

Alexander Wassermann mit der Thora, der hebräischen Bibel. Wegen der Bauarbeiten können nur wenige Gläubige an Gottesdiensten teilnehmen.
Alexander Wassermann mit der Thora, der hebräischen Bibel. Wegen der Bauarbeiten können nur wenige Gläubige an Gottesdiensten teilnehmen.
(Foto: Thomas Ruttke)

Das Bauunternehmen hat den Hauptbau noch nicht begonnen. Denn es sind noch viele andere Arbeiten im Vorfeld zu erledigen. Trotzdem bereiten unter anderem die Kosten für das künftige Dach der Synagoge Sorgen. Veranschlagt waren für die vielen Holzbauteile, die dafür erforderlich sind, rund 90.000 Euro. Inzwischen sind dafür laut Wassermann schon rund 170.000 Euro für das Material im Gespräch.

Überraschung am Bau: Statische Probleme mussten im ehemaligen Gebetssaal ausgemerzt werden.
Überraschung am Bau: Statische Probleme mussten im ehemaligen Gebetssaal ausgemerzt werden.
(Foto: Ruttke)

Das ist nur ein Posten: „Es sind weitere Kosten auf uns zugekommen, mit denen wir nicht gerechnet haben“, erklärt Wassermann. So wird das neue noch zu bauende Gebäude durch einen Verbinderbau an das alte Kantorhaus angeschlossen. Die Bauarbeiten konzentrierten sich deshalb zuerst im Kantorhaus. Überraschungen am Altbau gab es ebenfalls einige. So mussten die Fundamente des 1904 errichteten Kantorhauses verstärkt werden, weil die alten zu instabil waren. Im ehemaligen Gebetssaal gab es statische Probleme. Dort hing die Decke durch, weshalb dort ein zusätzlicher Balken eingezogen wurde.

Zur Sicherheit wurde eine Brandschutztreppe aufgebaut.
Zur Sicherheit wurde eine Brandschutztreppe aufgebaut.
(Foto: Thomas Ruttke)

Durch die Baustelle wird die Kantorstraße vorübergehend schmaler. Just in dieser Tatsache sah das Amt für Brand-, Katastrophenschutz und Rettungsdienst ein Problem. Denn sollte in der Kantorstraße ein Brand entstehen, könnten zum Beispiel die Menschen aus dem gegenüberliegenden Wohngebäude nicht schnell genug gerettet werden. Deshalb wurde an diesem Wohnhaus eine Rettungstreppe in Form eines Gerüsts aufgebaut. Die Aufbaukosten hat der Bauherr zu tragen.

Erste Zusagen für zusätzliche Fördergelder liegen schon vor

Es gibt aber auch gute Nachrichten, sagt Wassermann. So hat beispielsweise die Reemtsma-Stiftung weitere 100.000 Euro für die Mehrkosten bereitgestellt. Auch Lotto-Toto hilft mit weiteren 50.000 Euro. „Darüber sind wir sehr erleichtert“, erklärte Alexander Wassermann wohlwissend, dass diese Spenden nicht alle Mehrkosten decken können.