Mit voller Kraft Nadine Schneider aus Dessau kann locker mehr als das Doppelte ihres Körpergewichts stemmen
Für die 1,60 Meter große Powerfrau ist das vor allem eine Kopfsache - aber auch viel hartes Training. Ihr nächster Wunsch ist es, mit ihrer Energie ins Fernsehen zu kommen.

Dessau/MZ - Diese eine verdammte Sekunde, die sie vor der Aufforderung des Kampfrichters, die Stange mit den Gewichten wieder abzulegen, zu früh dran war, kostete Nadine Schneider im November bei der Weltmeisterschaft im Kraftdreikampf in Polen möglicherweise einen Podestplatz. Denn die junge Doppelstädterin wurde disqualifiziert.
„Das war schon ziemlich heftig. Danach war ich auch erst einmal richtig runter“, erinnert sich die 23-Jährige. Dabei ist sie mit einigen Vorschusslorbeeren ins Nachbarland gereist. Rund zwei Monate zuvor, im September 2021, stellte sie einen neuen nationalen Rekord bei einem Wettkampf im brandenburgischen Elster auf. 127,5 Kilogramm stemmte sie da in der Juniorenklasse bis 24 Jahre und in der Gewichtsklasse bis 60 Kilogramm in der Disziplin Kreuzheben. Ähnlich wie beim Gewichtheben werden Stangen mit Gewichten gestemmt, jedoch nur bis zur Hüfte. Auch das fordert viel Training und Disziplin.
Die 1,60-Meter-Powerfrau schaffte im September 127,5 Kilogramm zu stemmen
„Vor allem ist es auch eine Kopfsache“, sagt Schneider. Denn, wenn der Kopf sagt, dass man das doppelte seines Körpergewichts anheben kann, spielen bei entsprechendem Training auch die Arme und das Kreuz mit, ohne dass es zu ernsthaften Verletzungen kommt.
Die Powerfrau, knapp 1,60 Meter groß, knapp unter 60 Kilogramm schwer, schaffte im September 127,5 Kilogramm zu stemmen. Ihres Wissens wurde dieser Rekord bisher nicht eingestellt. Sie hätte also in Polen sogar Weltmeisterin werden können, wenn sie die Stange erst nach der Aufforderung des Kampfrichters wieder abgelegt hätte.
Aber hätte, hätte Fahrradkette. „Das war eine bittere Erfahrung, die einen lehrt, es das nächste Mal besser zu machen“, sagt Schneider. Jetzt im neuen Kalenderjahr warten wieder einige Wettkämpfe und auch eine Weltmeisterschaft auf sie. „Da habe ich mir vorgenommen 130 Kilogramm zu stemmen“, sagt die junge Doppelstädterin.
Im Laufe der Zeit definierte sich ihr Körper immer mehr und vor allem entwickelte sie unglaubliche Kraft
Doch wie kommt man als relativ zierliche Person darauf sich dem Kraftsport zu verschreiben und an Grenzen und darüber hinaus zu gehen? „Sportlich war ich ja schon immer“, erzählt die 23-Jährige. Aufgewachsen in Rodleben und Roßlau, kommt sie früh mit Turnen und später mit Fußball in Berührung. Vor sechs Jahren animierte ihr Freund, mit dem sie heute in Dessau lebt, es mal mit Kraftsport zu probieren. Mit jeder Trainingseinheit nahm die Begeisterung zu. Die Umstellung der Ernährung auf Haferflocken, Nudeln, Fleisch und Gemüse fiel auch nicht besonders schwer. „Sogar Schokolade darf sein. In Maßen, nicht in Massen“, betont sie.
Im Laufe der Zeit definierte sich ihr Körper immer mehr und vor allem entwickelte sie unglaubliche Kraft. Wo früher, wie beim Hangeln am Crossfit-Parcours, die Muskeln nach einiger Zeit versagten, beherrscht die 23-Jährige das heute wie im Flug. Auch Handstand ist kein Problem.
„Das hilft mir auch unheimlich viel im Alltag“, berichtet sie. Eine Ausbildung zur Justizfachwirtin am Amtsgericht Zerbst absolviert sie derzeit. „Das ist ein typischer Bürojob, aber bei mir ohne Begleiterscheinungen“, sagt Schneider. Rückenschmerzen oder Verspannungen kennt sie nicht. „Auch sonst fühle ich mich nach stundenlangem Sitzen topfit und habe viel Kraft für den ganzen Tag“, erzählt die Kraftsportlerin.
„Wenn alles gut läuft, bin ich vielleicht auch bei Ninja Warrior Germany dabei“
Das soll ihr jedoch nicht nur im Beruf helfen. Neben einer erfolgreichen Weltmeisterschaft im Kreuzheben stehen noch zwei große Vorhaben auf der Agenda. „Wenn alles gut läuft, bin ich vielleicht auch bei Ninja Warrior Germany dabei“, sagt sie. Für die RTL-Show, in der mit viel Kraft und Geschicklichkeit ein Hindernis-Parcours überwunden werden muss, hat Schneider ihre Bewerbung eingereicht. Im Frühjahr fällt die Entscheidung. Im Sommer wird aufgezeichnet und im Herbst ausgestrahlt.
„Ich bewundere die Menschen, die da sehr weit kommen“, sagt sie. Das mal selbst zu probieren, ist ein großer Traum. Dafür trainiert sie vier Mal pro Woche in ihrem Fitness-Studio in der Kurt-Weill-Straße.
Gleichzeitig soll der Körper noch besser definiert werden. Denn sobald wie möglich möchte sie auch erfolgreich an Bodybuilding-Wettbewerben teilnehmen. Mit dem Kraftsport hat die junge Doppelstädterin ein Hobby gefunden, das ihr viele neue Horizonte eröffnet. „Mit ein bisschen Überwindung kann das jeder“, ist sie überzeugt.