Nach fünf Jahren müssten die ersten Mieter die Umzugskisten packen
DESSAU/MZ. - Bis zum Jahresende 2004 folgten die Homöopathische Praxis von Angela Jaguste, die Heilpraxis für Psychotherapie von Rene Wendt, Wenke Salomon mit ihrem Friseursalon, Patricia Meiselbach mit Floristik sowie Hartmut Falke, der im Erdgeschoss sein Rolling Art eröffnete.
Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie in diesem Jahr ihr fünfjähriges Firmenjubiläum feiern können und dass sie noch immer im Alten Schlachthof zu finden sind. Das wiederum bedeutet für sie in diesem Jahr: Ende des Mietverhältnisses. Denn nach fünf Jahren, so steht es in den mit der Stadt geschlossenen Verträgen, endet das Mietverhältnis. Ein Recht auf Verlängerung gibt es nicht. Bisher konnten die Existenzgründer ihre Räume zu einem sehr günstigen Preis mieten von anfangs 2,50 Euro pro Quadratmeter und ab dem vierten Jahr um 0,50 Euro steigend. Diese Förderung ist nach fünf Jahren nicht mehr möglich, sagen die Bestimmungen des Urban II-Programmes, mit dessen Geldern das Vorhaben wip Gewerbezentrum finanziert wurde.
Verwalter Gerald Müller von der ipgd GmbH hält diese restriktive Regelung nicht für glücklich. "Diese Fünf-Jahres-Begrenzung ist für einige Branchen nicht zu realisieren", weiß er und nennt die Physiotherapie, den Friseur oder die Gaststätte. "Sie haben sich an diesem Standort etabliert und ihre Kunden aus dem Umkreis gewonnen, müssen sie umziehen, kann das unter Umständen den wirtschaftlichen Todesstoß für sie bedeuten." Für alle wäre ein Umzug mit erheblichen Investitionen verbunden, "die erstmal finanziert werden müssen." Im Gegenzug bedeutete ein Auszug auch Investitionsbedarf in den Räumen im wip. "Sie müssten für eine Neuvermietung wieder hergerichtet, Ein- und Umbauten rückgebaut werden."
Mehr Konstanz gewünscht
Das Festhalten an den Buchstaben des Vertrages erscheine also nicht in jedem Fall sinnvoll. Zumal die Nachfrage nach Räumlichkeiten im wip auch sehr gering sei, macht Gerald Müller aufmerksam. Würden also alle Mieter der "Stammbesetzung" ausziehen, würde ein Großteil der Räume leer stehen und dies wohl auch erstmal bleiben. Deshalb gebe es Gespräche mit den Mietern, die für einige eine Vertragsverlängerung um zunächst ein Jahr ermöglichen sollen, erklärt Müller. Die Vermietung würde dann aber zum ortsüblichen Mietpreis erfolgen. Diese Verlängerung gebe den Mietern zwar erst einmal Luft, aber "ich wünschte mir langfristig konstantere Bedingungen für die Mieter."
Insgesamt zeigt sich Verwalter Gerald Müller zufrieden mit der Entwicklung des wip Gewerbezentrums. "Wir haben derzeit nur zwei Räume frei und insgesamt gesehen, relativ wenige kurzzeitige Wechsel." Inzwischen habe das wip im "medizinischen Dienstleistungsbereich" seinen Schwerpunkt gefunden. "Das passt auch gut", findet Müller.
Verwaltung ist zufrieden
Auch die Stadtverwaltung wertet die bisherige Entwicklung des wip Gewerbezentrums als positiv. "Das Haus hat sich zu einem kleinen Dienstleistungszentrum für den Stadtbezirk Nord entwickelt und fügt sich gut in den Gesamtkomplex des ehemaligen Schlachthofes ein, heißt es in einer Pressemitteilung der zuständigen Abteilung Stadtentwicklung. Positiv wertet die Stadtverwaltung auch die Tatsache, dass es bisher keinen längeren Leerstand im Haus gab, obwohl im Erdgeschoss, in dem vorrangig Einzelhandel angesiedelt ist, bereits mehrfach gewechselt wurde.
Eine Aufhebung der Fünfjahresbindung der Mietverträge kommt für die Stadt indes nicht in Frage, da damit das Anliegen des Gewerbezentrums wip aufgehoben würde. Vor einem Wechsel würde jedoch die Situation des jeweiligen Mieters geprüft. Ist dessen Existenz noch nicht gesichert, könne er im Haus verbleiben, heißt es in der Pressemitteilung weiter. Die Bedürftigkeit müsse jedoch vom Mieter nachgewiesen werden. Auch die Standort- und Kundenabhängigkeit des jeweiligen Gewerbes sei Bestandteil der Einzelprüfung. Ein Verbleiben in den Gewerberäumen nach Ablauf der fünf Jahre sei auch möglich, so die Stadtverwaltung, wenn zu diesem Zeitpunkt keine Nachfrage bestehe. Dann müsse jedoch eine ortsübliche Miete bezahlt werden.
Die Verlängerung des Mietvertrages erfolgt nach Aussage der Stadtverwaltung um ein halbes Jahr und könne dann immer um jeweils diesen Zeitraum verlängert werden. "Die Verlängerung hängt aber auch immer von der Situation des jeweiligen Mieters ab. Ist das Gewerbe eindeutig standortabhängig, könnten auch andere Fristen vereinbart werden", heißt es in dem Schreiben.