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Wende im Mordprozess Mordprozess Yangjie Li in Dessau: Die Mitangeklagte bricht überraschend ihr Schweigen

Von Lisa Garn 16.01.2017, 18:42
Die wegen Mordes an einer chinesischen Studentin angeklagte Xenia I. (M) wird am Montag von Justizbeamten in das Landgericht in Dessau-Roßlau geführt.
Die wegen Mordes an einer chinesischen Studentin angeklagte Xenia I. (M) wird am Montag von Justizbeamten in das Landgericht in Dessau-Roßlau geführt. dpa-Zentralbild

Dessau-Rosslau - Nachdem die Angeklagten über Monate hinweg eisern geschwiegen hatten, war das ein Paukenschlag im Prozess um die in Dessau-Roßlau grausam getötete chinesische Studentin Yangjie Li: Die Angeklagte Xenia I. hat am Montag ihr Schweigen gebrochen und ihren damaligen Lebensgefährten schwer belastet.

Er soll sie gezwungen haben, am Abend des 11. Mai 2016 eine Frau auf der Straße anzusprechen und für Sex zu Dritt ins Wohnhaus des Duos zu locken. Laut Xenia I. hat der Angeklagte Sebastian F. ihr gegenüber in der Tatnacht gestanden, die Chinesin getötet zu haben.

Vor dem Landgericht schilderte die 21-jährige Xenia I. unter Tränen, dass ihr Lebensgefährte Yangjie Li schon im Hausflur überwältigt hatte und über sie hergefallen war. „Er wollte sie fesseln. Aber Frau Li hat sich die ganze Zeit gewehrt, hat um sich geschlagen und getreten.“ Sebastian F. habe das Opfer festgehalten, ihm den Mund zugehalten, es unter massiver Gewalt in eine leer stehende Wohnung des Hauses, in dem nur sie wohnten, gezogen und vergewaltigt. Xenia I. erklärte am zehnten Prozesstag, nur zum Teil dabei gewesen zu sein. Doch Sebastian F. soll auch Xenia I. zu sexuellen Handlungen zu Dritt gezwungen haben. Beide sind wegen gemeinschaftlichen Mordes und Vergewaltigung angeklagt. Vor Gericht beteuerte die Angeklagte, ihren Freund damals immer wieder aufgefordert zu haben, aufzuhören - die Polizei rief sie aber nicht.

Die 21-Jährige berichtete auch, dass sie von ihrem Freund selbst misshandelt und missbraucht worden war. Seit dem Sommer 2013 waren die beiden ein Paar. Sie brachte ein Kind mit in die Beziehung, zusammen bekamen sie zwei weitere, eines starb wenige Monate nach der Geburt. 2014 ist die Beziehung offenbar problematisch geworden. Sebastian F. habe sie fast täglich zum Sex gezwungen, sie mehrfach heftig geschlagen. „Er wurde immer brutaler. Je mehr ich mich wehrte, desto schlimmer war es.“ Er soll auch gedroht haben, sie umzubringen und ihre Familie zu zerstören. Verlassen wollte sie ihn aber lange nicht. „Ich dachte, es wird besser.“

In den Tagen unmittelbar vor der Tat im Mai 2016 habe er immer wieder Sex zu Dritt gefordert und ihr gedroht, falls sie keine andere Frau organisieren würde. Wie Xenia I. aussagte, stand sie am Tag vor Yangjie Lis Verschwinden auf der Straße und sollte eine Frau ansprechen. Weil der Versuch scheiterte, soll ihr Freund den Druck am nächsten Tag erhöht haben.

Mordprozess Yangjie Li: Aussagen der Angeklagten müssen nun geprüft werden

Unter dem Vorwand, Hilfe für das Hochtragen von Kartons zu brauchen, habe sie Yangjie Li ins Haus gelockt, erklärte Xenia I. In dem Mehrfamilienhaus hatten nur ihr Freund und sie gewohnt. Er soll nach der Tat eine 120-Liter-Mülltonne nach oben geholt haben, um die Chinesin wegzubringen. Anschließend sollte Xenia I. den Weg zum Hinterhaus beleuchten. Hinter dem Haus war die Leiche von Yangjie Li am 13. Mai gefunden worden.

Dass Xenia I. erst jetzt ihr Schweigen bricht, ist in einem „langen Ablösungsprozess“ von Sebastian F. begründet, erklärte am Montag einer ihrer Verteidiger. „Sie brauchte diese Zeit, um sich zu emanzipieren“, sagte Rüdiger H. Klose. Nebenklage-Vertreter Sven Peitzner sprach von „erheblichem Druck“, der aus den Aussagen der Angeklagten spreche. „Ihre Aussagen müssen nun mit dem Akteninhalt abgeglichen und geprüft werden, ob sie plausibel sind.“ Nach der überraschenden Aussage der Angeklagten wird es erst am nächsten Montag eine Fortsetzung der Verhandlung geben.  (mz)