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Mordfall Yangjie Li  Mordfall Yangjie Li : Den Ermittlern sitzt jetzt die Zeit im Nacken

Von Ralf Böhme 31.05.2016, 17:38
Das Dienstwappen der Polizei von Sachsen-Anhalt.
Das Dienstwappen der Polizei von Sachsen-Anhalt. dpa

Dessau-Rosslau - Der Tatverdächtige im Mordfall Yangjie Li erwartet Besuch. Seine Mutter soll beim Haftrichter in Dessau eine entsprechende Erlaubnis beantragt haben. Wahrscheinlich kann sie den 20-Jährigen am Mittwoch, dem Internationalen Kindertag, sehen und sprechen. Gegen den jungen Mann ermittelt die Polizei wegen eines Sexualmordes, der längst international für Schlagzeilen sorgt. Gleichzeitig sieht sich die Mutter, eine leitende Beamtin der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Ost, und der Stiefvater, Revierleiter in Dessau, Vertuschungsvorwürfen ausgesetzt.

Eine Woche Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Raßnitz (Saalekreis) liegen hinter dem Mann. Bislang, sagt ein Ermittler, schweigt er zu allen Vorwürfen. Seine Lieblingsbeschäftigung im Knast: Radio hören. Er sitzt in einer Einzelzelle ohne Fernseher. Ein Antrag auf gemeinschaftliche Unterbringung liegt nicht vor. Außer beim Mittagessen gibt es bislang kaum Kontakt zu Mitgefangenen. An Gottesdiensten nimmt er nicht teil. Er würde gerne mal frische Erdbeeren essen wollen, heißt es. Doch das gehört nicht zum Angebot des Anstaltskaufmanns.

Die JVA Raßnitz ist eine Einrichtung, die speziell auf junge Straftäter ausgerichtet ist - Diebe, Schläger, Betrüger. Mittendrin unter 360 Insassen der Tatverdächtige, gegen den die Polizei wegen eines besonders brutalen Mordes ermittelt. Ihm droht laut Jugendstrafrecht, wenn es zu einem Schuldspruch kommen sollte, ein maximaler Freiheitsentzug von zehn Jahren.

Seine mutmaßliche Komplizin, die gleichfalls 20 Jahre alte Verlobte aus Dessau, sitzt in Leipzig hinter Gittern. Grundlage ist ein Abkommen mit Sachsen, das diese Möglichkeit einräumt. Ob Sachsen-Anhalt oder Sachsen, die Abläufe und Bedingungen in den Anstalten sind ähnlich. „Jeder Untersuchungsgefangene darf regelmäßig Besuch empfangen“, bestätigt Detlef Thiel, Sprecher des Justizministeriums. Monatlich sollen es mindestens vier Stunden sein.

Polizisten werden in nächster Zeit jedoch nicht unter den Besuchern sein. „Wir führen da keine Vernehmungen durch“, sagt ein Ermittler. Es könne sogar sein, dass man in Absprache mit der Staatsanwaltschaft ganz auf Vernehmungen verzichten werde. Grund sei die Aussageverweigerung beider Tatverdächtiger. Solange die gelte, wären alle eventuellen Erkenntnisse aus solchen Gesprächen nicht vor Gericht verwertbar.

Der Ermittlergruppe sitzt jetzt die Zeit im Nacken. Mittlerweile steht zumindest dem Tatverdächtigen ein Verteidiger seines Vertrauens an der Seite. Es muss damit gerechnet werden, dass der versierte Strafjurist aus Sachsen-Anhalt in drei Wochen einen ersten Haftprüfungstermin beantragt. Gegenwärtig macht sich der Anwalt mit der Aktenlage vertraut. „Bis Mitte Juni brauchen wir objektive Beweise“, so ein Ermittler. Davon hänge ab, ob die Untersuchungshaft weiter aufrecht erhalten werden könne.

Eine Verlängerung ist gesetzlich grundsätzlich möglich bis zu einer Gesamtdauer von sechs Monaten oder ausnahmsweise bis zum Beginn des Prozesses. „Darüber entscheidet das Oberlandesgericht Naumburg auf Antrag“, sagt Oberstaatsanwalt Klaus Tewes. Im Falle einer Verurteilung werde die Untersuchungshaft vom Strafmaß abgezogen. Bei Freispruch gibt es eine Haftentschädigung. (mz)

Der brutale Mord an der chinesischen Studentin Yangjie Li hat nicht nur in Dessau Entsetzen ausgelöst.
Der brutale Mord an der chinesischen Studentin Yangjie Li hat nicht nur in Dessau Entsetzen ausgelöst.
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