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Moderner Klassiker in Roßlau Moderner Klassiker in Roßlau: Burgtheatersommer mit Stück über die Leut' von nebenan

Von silvia bürkmann 14.07.2020, 11:40
Die zweite Bühne neben der Bühne. Das „Maxime“ als verraucht-verruchtes Etablissement für Musiker und Tänzer.
Die zweite Bühne neben der Bühne. Das „Maxime“ als verraucht-verruchtes Etablissement für Musiker und Tänzer. Thomas Ruttke

Rosslau - Der Countdown in den sozialen Medien läuft: „Noch 5 Tage bis zur Premiere“, so wird am Freitag heruntergezählt. Ab Mittwoch dann wird die historische Roßlauer Wasserburg wieder abends ab 20.30 Uhr zur Bühne für ihr Sommertheater. Fünf Wochen lang bis zum 16. August.

Es ist inzwischen der 23. Burgtheatersommer und die 16. Eigenproduktion vom Theater Burg Roßlau e.V.. Im Team wirken allesamt „Wiederholungstäter“ mit, die die malerische Spielstätte am Wiesensaum und Rosselufer bereits kennen. Die allermeisten Mitwirkenden sind drei- oder viermal dabei, einen Debütanten in den Reihen der Schauspieler gibt es in diesem Jahr nicht.

Dafür ist 2020 aber so ziemlich alles andere völlig anders. Corona-Pandemie und Veranstaltungs-Lockdown machten den Burgtheatersommer Roßlau lange zur Zitterpartie. Nach vielen Stunden Arbeit und Tüfteln stand ein Hygienekonzept, das den gesetzlichen Regelungen und Sicherheitsstandards Rechnung trägt - und trotzdem Theaterspielen erlaubt.

Ganz neu sind diesmal Spielstätte und Zuschauerraum

„Wir haben sehr konstruktive Gespräche geführt und viel Unterstützung erhalten. In der Stadt zogen Förderverein, Kulturamt, Ordnungsamt, Gesundheitsamt und zentrales Gebäudemanagement mit“, erinnert Regisseurin Andrea Pinkowski an intensive Bemühen um Lösungen. Im Mai war alles „in trockenen Tüchern“ und kam das Okay für den 23.Burgtheatersommer.

Ganz neu sind diesmal Spielstätte und Zuschauerraum: Komplett verlegt von der ummauerten Oberburg auf die weiträumig offene Unterburg. Hier können statt enger Bankreihen ohne Probleme 150 Stühle (und gegebenenfalls auch mehr) mit allem gebotenen Abstand aufgestellt werden. Der schräg umlaufende, stufenlose Zugang wird zur Bühne.

Auch an der Abendkasse wird Distanz gewahrt. Der Kartenvorverkauf läuft bereits rege. Tickets können per E-Mail oder Telefon gebucht werden beim Besucherring am Anhaltischen Theater in Dessau (Tel. 0340/2511222, E-mail: [email protected]).

Die nächste Neuheit liegt 2020 dem Stück inne

Eine Reservierung ist in diesem Jahr nicht möglich. Coronabedingt sind alle Karten Platzkarten. Besucher aus einem Haushalt und deren Angehörige können zusammen sitzen. Die Angebote der Ritterklause zur Pausenversorgung mit Getränken und Imbiss ziehen aus dem Burgturm unter den freien Himmel. Die Besucher sollen das Kulturerlebnis Theater genießen können und dabei „keine Angst um ihre Sicherheit haben“, ist Regisseurin Pinkowski überzeugt, alles Mögliche in die Wege geleitet zu haben.

Die nächste Neuheit liegt 2020 dem Stück inne. Nach den umjubelten Shakespeare-Komödien der Vorjahre nimmt sich das junge Schauspielensemble diesmal einen modernen Klassiker vor die Brust: Den österreichisch-ungarischen Schriftsteller Ödön von Horvath und dessen bekanntestes Theaterstück „Geschichten aus dem Wiener Wald“.

Es geht um die „kleinen Leute von nebenan in der stillen Straße im achten Bezirk“

Dieses „Volksstück“ aber ist weit entfernt von Wiener Schmäh und Walzer-Gemütlichkeit. Hier wird nicht im Operettengestus von der „gnä’ Frau“ genäselt. Der Humor und Witz Horvaths ist tiefgründiger und ernsthafter. Wie auch die Geschichte, die der Theatersommer von 1930 in die 50er Jahre holt und damit greifbarer für das Publikum macht.

Es geht um die „kleinen Leute von nebenan in der stillen Straße im achten Bezirk“ - um deren Alltag mit seinen biederen oder niederträchtigen Geschäften. Und es geht um Marianne, die versucht, aus dem langweiligen Milieu in ein neues Leben auszubrechen. Wie das misslingt, schildert Horvath als bitterböse Parodie mit Schenkelklopfern und ganz leisen, poetischen Momenten. Und dann nimmt die Geschichte doch ein überraschendes Ende... (mz)

Die Berliner Regisseurin Andrea Pinkowski (rechts) inszeniert zum vierten Mal.
Die Berliner Regisseurin Andrea Pinkowski (rechts) inszeniert zum vierten Mal.
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Die Burg ist weit mehr als Kulisse.
Die Burg ist weit mehr als Kulisse.
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