Modeneser Schietti mit Laufstegallüren
Köthen/MZ. - Schöne Tiere freilich gab es am Wochenende in der Turnhalle der Kleinpaschlebener Schule en masse zu sehen. Jürgen Kersten, Chef der Geflügelzüchter von Kleinpaschleben und Umgebung, hatte die Statistik gleich parat: 524 Tiere steckten in den Käfigen, 81 Aussteller aus den Landkreisen Köthen, Bernburg und Schönebeck seien mit von der Partie, darunter vier Frauen und fünf Jugendliche - die Geflügelzucht bleibt eine Domäne gestandener Männer. 68 Rassen wurden gezeigt in 27 Farbschlägen, die sich mal simpel anhörten wie "blau" oder "schwarz", mal aber auch exotisch wie "gelb-schwarz-columbia". Eine neue Farbe, erklärt Friedrich, davon gebe es immer wieder welche; der Ehrgeiz der Züchter, mit Neuigkeiten anzutreten, ist ungebrochen.
Mit Friedrich, gleichzeitig Bürgermeister von Kleinpaschleben, eine Runde durch die Käfigreihen zu drehen, ist informativ und vergnüglich zugleich. Man erfährt, dass die Araucana, ein faktisch schwanzloses Huhn, grüne Eier von großem Gesundheitswert legt, dass man für Deutsche Zwerge eine schöne Wiese braucht, weil sonst der Hahn den Schwanz immer im Modder schleppt, dass amerikanische Taubenrassen derzeit mächtig in Mode sind - Show-Racer, Texaner, Giant Homer. Letzterer, würdigt Friedrich, bringt mehr Gewicht auf die Waage als ein Strasser - und der sieht schon mächtig gewaltig aus.
Wenn auch nicht so aufgeblasen wie ein schwarzer Modeneser Schietti, der offensichtlich den Redakteur mit einem Preisrichter verwechselt. Jedenfalls wirft sich der Täuberich unversehens in Positur, plustert sich auf, dreht und wendet sich wie auf dem Laufsteg bei Versace. Was der Experte Friedrich mit Kopfnicken würdigt: "Der ist gut vorbereitet." Tatsächlich werden Tauben für den Käfig quasi dressiert. Wer gewinnen will, darf schließlich nicht schlapp in der Ecke hocken, wenn der Preisrichter durchgeht. Was den Züchter dazu bewegt, mit seinem Liebling ein paar Exerzitien durchzuprobieren, um ihn für den Moment fit zu machen, auf den es ankommt.
Um dann möglichst 97 Punkte einzusammeln. Die muss man bekommen, wenn man mit dem "Vorzüglich" geehrt werden will. 100 mögliche Punkte kann der Preisrichter vergeben, aber das ist reine Theorie, in der Praxis ist das nie vorgekommen, meint sich Friedrich zu erinnern. Und wozu auch? Eine höhere Einstufung als das "V" gibt es ohnehin nicht. Ob man nun 98 oder 99 oder 100 Punkte hätte, faktisch ist bei 97 das Ende der Fahnenstange erreicht. Zur Ergänzung: 96 reichen für ein "Hervorragend", 95 bringen ein "sehr gut".
Sehr gut - ohne das das jetzt eine preisrichterliche Einschätzung wäre - kamen beim Publikum auch die Schauvolieren an; eine mit Steigerkröpfern von Otto Wagner, die andere mit Tieren von Silvio Rollert und Karl Stürmer. Letzterer ist mit 86 Jahren der Nestor des Vereins, aber nach wie vor unverzichtbar.
Nach dem Abbau der Ausstellung am Sonntag erwartet die Helfer übrigens ein besonderes Dankeschön. Dann nämlich werden die Eier in die Pfanne gehauen, die die Tauben und Hühner während der Ausstellungszeit legen und ein Festschmaus gebrutzelt.