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Luftfahrt in der DDR Luftfahrt in der DDR: Iljuschin: Vom Café über Schrottplatz zum Museum

Von Felix Knothe und Steffen Brachert 23.06.2014, 20:09
So stand die Maschine Ende der 90er Jahre bei einem Schrotthändler in der Nähe von Schönebeck.
So stand die Maschine Ende der 90er Jahre bei einem Schrotthändler in der Nähe von Schönebeck. Teichmann Lizenz

Halle (Saale)/Dessau/MZ - Ein Flugzeug, das nicht fliegt, verfehlt eigentlich seinen Zweck. Nicht aber in Halle-Neustadt. Dort diente eine fluguntaugliche Iljuschin (IL-14) jahrzehntelang als beliebtes Ausflugsziel. Seit 1969 stand die Propellermaschine vor der Eissporthalle in Halle. Der Standort vor der Eissporthalle war eine kleine Reminiszenz an den ehemaligen Flugplatz Halle-Nietleben, der sich in unmittelbarer Nähe des heutigen Rennbahnkreuzes befunden hatte und im Jahr 1968 wegen des Baus von Halle-Neustadt geschlossen worden war. 1991 verschwand das Flugzeug aus Halle, um Ende der 1990er Jahre in Dessau wieder aufzutauchen. Dort steht das Flugzeug noch heute vor dem Technikmuseum „Hugo Junkers“.

Halle-Neustadt feiert

Warum die Geschichte jetzt erzählt wird? Halle-Neustadt, die Neubau-Satelliten-Stadt, feiert in diesem Jahr ihren 50. Geburtstag und blickt zurück auf besondere Ereignisse und besondere Dinge. Die IL14 gehört dazu. „Wir sind oft sonntags dahin gegangen, um Kaffee zu trinken“, erinnert sich der Halle-Neustädter Hartmut Schwarz an das Flugzeug an der Saale, das erst als Reisebüro diente und später die Konsum-Gaststätte „Saaleaue“ beherbergte. Es ist ein Parallele zu Dessau. Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre war es damals eine Mode, alte Flugzeuge in Cafés umzuwandeln. In Dessau diente eine ausgemusterte IL?14 fast 20 Jahre im Tierpark als Café. Daran ranken sich mindestens ebenso viele Geschichten wie an das hallesche Flugzeug.

Wie es mit der Iljuschin weiterging, lesen Sie auf Seite 2.

Die heutigen Experten für die bewegte Geschichte der halleschen IL14P, so die korrekte Typenbezeichnung, sitzen in Dessau. Am genauesten dokumentiert ist die Geschichte des Fliegers mit dem Kennzeichen DSM-SAF im Internet, wo ehemalige Interflug-Mitarbeiter eine eigene Internetseite pflegen. Dass die IL 14 überhaupt in Halle „gelandet“ ist, verdankt sie einem Flugunfall auf dem Flugplatz Leipzig-Mockau im Jahr 1967. Während eines Übungsflugs zur Ausbildung junger Piloten setzte die Maschine zu früh und dadurch zu hart auf. Die Konstruktion verzog sich irreparabel, so dass die Maschine von der Interflug aus dem Verkehr gezogen wurde. „Die IL-14-Flotte war sowieso kurz davor, aussortiert zu werden“, sagt Gerd Fucke, Geschäftsführer des Technik-Museums „Hugo Junkers“ in Dessau. Gerade einmal 80 Maschinen waren zwischen 1956 und 1959 in Dresden gebaut worden. Der Ausmusterung der Interflug-IL-Flotte hatte Dessau dann „seinen“ Flieger zu verdanken. Dieser ist allerdings längst verschrottet.

Nach der Wende kam die Rettung. Weiter geht es auf Seite 3.

Der halleschen IL-14 war es in den Wendewirren schlecht ergangen. Vandalismus und der Zahn der Zeit hatten der Maschine schwer zugesetzt. Die Stadt Halle dachte auch an Verschrottung, ehe ein Mann aus dem kleinen Dorf Pulspforde bei Zerbst das Flugzeug 1991 zu sich holte, um es auch dort als Café zu nutzen - ein Plan, der nicht aufging. Jahrelang stand es auf anhaltischem Acker, bevor 1998 der Schönebecker Schrotthändler zum Zuge kam. Dort entdeckten ein paar Flugzeug-Enthusiasten die abgewrackte Maschine: abgebrochene Propeller, zertrümmerte Fenster, die Lackierung kaum noch wahrnehmbar. Es war ein hoffnungsloser Fall.

Rettung einer Maschine

Uwe Teichmann, Mitglied im Dessauer Museumsverein, war mit anderen beteiligt, die völlig verwahrloste hallesche Maschine zu retten, die endgültige Verschrottung zu verhindern und ein Stück Luftfahrtgeschichte zu erhalten. Die Dessauer holten die IL-14 im September 1999 ins Junkers-Museum und restaurierten sie in jahrelanger Kleinarbeit und mit Förderung des Arbeitsamtes. 2003 erfolgte die offizielle Einweihung. Seitdem steht sie dort auf der Freifläche. „Jeder Besucher kann sie sich anschauen“, sagte Teichmann. Kaffee gibt es dort nicht mehr. Aber: „Schulklassen können zum Beispiel darin Unterricht machen.“