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Licht träumt im Zimmer

Von THOMAS ALTMANN 17.08.2009, 16:35

DESSAU/MZ. - "Tangenten" heißt eine neue Ausstellung des Kulturamtes der Stadt Dessau-Roßlau in den Meisterhäusern Kandinsky und Klee, kuratiert von der Leipziger Galeristin Sabine Aichele-Elsner (Galerie Artae). Ein Zweifaches sieht sie im Titel, den mathematischen Begriff und den sinnlichen Hinweis auf Berührungspunkte, ein Verweben des "kühlen Systems" mit "feuriger Innerlichkeit". Mit einem Satz, inhaltlich ließen sich überall "Bauhausideen" finden, dockt die Galeristin die zusammengetragenen Werke der acht Künstler an die große Tradition des Ortes an, was so simpel wie fragwürdig klingt und generell nicht nötig erscheint.

Die Leipziger Galeristin hat die Meisterhäuser ohne Eskapaden dezent durchmöbliert, mit Zeichnungen und Gemälden, mit Plastiken und Skulpturen, und mit Installationen, wie die lohnende Sisyphosarbeit im Gästezimmer von Alexandra Karrasch, die am Royal Collgege of Art in London studierte. Im Ganzen zeigt sich die "feurige" als eine durchaus maßvolle Innerlichkeit und das "kühle System" in sehr ausgewogenen gestalterischen Kalkulationen. "Gedrückter Torso" oder "Wolkenheim", die Betonplastiken von Friedemann Grieshaber sind Figurationen aus verdichteten architektonischen Formen. Rau, archaisch, konzentriert und verspielt werden Architekturen zu Plastiken und Säulen zu Stelen, wie ausgegrabene Tempelteile mit fragmentarisch kultischem Interesse.

Ein sanftes haptisches Vergnügen bereiten die Papierarbeiten der Kanadierin Leah James. Sie zeichnet oder malt mit Rissen und Knicken, mit aufgeklebten Partien, in empfindlichen Farbnuancen diskrete, verschwiegen erzählende Konflikte. Die Drahtobjekte von Bettina Lüdicke sind filigrane, verletzlich wirkende Labyrinthe. "Helix", eigentlich eine konstante Steigung um einen Zylinder - man denke an die Doppelhelix der DNA - verweigert sich der konstanten Bewegung. Das Drahtgeflecht verdichtet, durchdringt und dehnt sich aus. Die Formen scheinen in Abhängigkeit zu reagieren. Als werde gerade satt angelegt, was zu entwickeln ist, zeigen sich die Gouachen von Bettina Meyer als Metamorphosen. Ihre Bronze "Herz, Pik, Kreuz, Karo" sucht hochglänzend die Verschmelzung von Naturform und Abstraktion.

In Acryl auf Papier oder Leinwand schafft Udo Klenner ornamentale Wandbilder. Eine Serie von Zeichen, die wie gestempelt wirken, kann im Ganzen gelesen oder der Reihe nach buchstabiert werden. So könnte man denken, aber es bleibt bei einer Verführung mit Fehler im System, beim scheinbar Ganzen und bei der Chiffre. Das ist Bühnenlicht, welches Petra Ottkowski in ihre verschachtelten Fassaden und Räume in Acryl auf Leinwand legt, ein exakt illuminiertes Spiel der Illusionen. Dass Adelheid Eichhorn bei Werner Tübke in Leipzig studierte, sieht man ihren Zeichnungen und Radierungen nicht an, spannungsvolle rhythmische Kompositionen. Und die Tempi sind rasant.

Es scheint, als bediene die Leipziger Galerie mit diesem Dialog der Farben, Formen und Strukturen im Schatten der Königsmacher eine Leipziger Nische, in welcher die Kunst vor allem die eigenen Mittel reflektiert. Und das Sonnenlicht auf der Bettbank flimmert, ohne den Traum selbst zu träumen, geschweige denn, erzählen zu wollen.