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Kurzzeitpflege in Dessau Kurzzeitpflege in Dessau: Eine Lücke im Angebot

Von sylke kaufhold 08.02.2013, 18:15

dessau/MZ. - Als "Geduldsspiel" bezeichnete Robert Hartmann die Suche nach einem Kurzzeitpflegeplatz für seinen Vater. Der hat die Pflegestufe II und wird von der Ehefrau gepflegt. "Aber meine Mutter ist 80, ihre Kräfte nicht mehr unermesslich, so dass sie immer mal eine Erholung braucht", schildert der SPD-Stadtrat. Bisher hätten sie im Urlaubsfall immer die Kurzzeitpflege der Diakonie in Anspruch genommen. "Das lief unproblematisch und war gut". Und für seinen Vater sei der Umzug dorthin keiner ins Unbekannte, sondern ein "Wiedersehen mit Bekannten" gewesen.

Seit August hat die Kurzzeitpflege geschlossen. Andere Stationen, musste Hartmann erfahren, gibt es nicht mehr. Die Pflegeheime stellen Betten für die Kurzzeitpflege zur Verfügung, wenn sie welche freihaben. "Das aber ist nicht verbindlich." Vier Heime habe er angefragt. Alle seien freundlich und bemüht gewesen, hätten aber keine terminliche Zusage machen können. "Das ist für diejenigen, die dringend einen solchen Platz zu einem bestimmten Termin brauchen, sehr unbefriedigend."

"Wir haben unsere Kurzzeitpflegestation zum 1. September 2012 geschlossen", bestätigt Gabriele-Kerstin Struffmann, Verwaltungsleiterin der Diakonie Dessau. "Wir halten uns aber die Option offen, wieder zu öffnen, denn wir wissen, dass der Bedarf groß ist."

Der Entschluss zur Schließung sei aus personellen und finanziellen Gründen gefallen, erklärt Struffmann. In der Sozialstation musste ein Personalengpass ausgeglichen werden, wo das Personal der Kurzzeitpflege eingesetzt wurde. "Außerdem ist die Finanzierung der Kurzzeitpflege generell ein Problem", sagt sie. Denn der Pflegesatz der Pflegekasse als Kostenträger reiche nicht aus, um die Kosten zu decken. "Wir bezahlen unsere Mitarbeiter nach Tarif, davon gehen wir auch nicht ab."

28 Tage im Jahr dürfen Patienten die Kurzzeitpflege in Anspruch nehmen. "Das Geld reicht aber nur für 20", so Struffmann. "Das heißt, die restlichen 8 Tage müssten die Patienten privat bezahlen." Bisher habe man darauf verzichtet. Es im letzten Vierteljahr allerdings begonnen auszuprobieren. "Prinzipiell waren die Leute bereit dazu." Aber nicht jeder, weiß Struffmann, kann sich dies leisten.

In den meisten Fällen sei die Kurzzeitpflege bei Urlaubsaufenthalten der pflegenden Angehörigen in Anspruch genommen worden.

Zehn Jahre hat die Diakonie ihre Kurzzeitpflegestation mit zehn Betten betrieben. "Da es eine kleine Einrichtung war, war eine individuelle Betreuung möglich, die von den Patienten sehr geschätzt wurde", berichtet Kerstin Struffmann.

Kleine Einrichtungen seien aber auch das Problem, sagt Christine Böhme, Pflegeleiterin der Volkssolidarität 92, zum Thema Kurzzeitpflege. Die VS 92 habe jahrelang in der Tornauer Straße eine solche betrieben. Seit einem Jahr ist aber auch sie zu. "Wir haben mit Eröffnung unseres Heimes in der Elballee geschlossen", erklärt Böhme. Zwölf Betten standen zur Verfügung. "Zu wenig, um rentabel zu arbeiten." Eine Erweiterung auf 20, "ab da wird es rentabel", sei in den Räumlichkeiten nicht möglich.

"Eine Kurzzeitpflegestation ist von der Auslastung schlecht kalkulierbar, sie wird von der Pflegekasse aber wie eine vollstationäre Einrichtung behandelt", erklärt Christine Böhme, "der bürokratische Aufwand ist durch den ständigen Wechsel enorm." Und es darf nur Fachpersonal eingesetzt werden.

Zwar bietet die Volkssolidarität 92 im Heim in der Elballee so genannte Streubetten an, "aber derzeit sind alle Plätze belegt" , so Böhme. "Mit den Schließungen der Kurzzeitpflegestationen ist wirklich eine Lücke im sozialen Angebot der Stadt entstanden", ist sie sich bewusst. Gerne würde Böhme Abhilfe schaffen. "Aber dann müssen es mehr als 20 Betten sein, damit es einigermaßen wirtschaftlich wird."

Bereits vor einigen Jahren hat der DRK Kreisverband seine Kurzzeitpflegestation in der Amalienstraße geschlossen. "Die Auslastung war durch das ständige Kommen und Gehen nicht berechenbar", erklärt Antje Klotsch, DRK-Geschäftsführerin in Dessau. "Eine reine Kurzzeitpflegestation wäre aber nur zu betreiben, wenn der Kostenträger dies anerkennen und die Refinanzierung übernehmen würde. Das tut die Pflegekasse aber nicht. Demnach wird dieser Bereich überall, nicht nur in Dessau, zurückgefahren." Der DRK-Kreisverband betreibt ein kleines Pflegeheim mit 14 Betten und bietet dort, wenn freie Kapazitäten sind, auch Kurzzeitpflegeplätze an. Planbar ist dies aber auch hier nicht. "Es muss ein Platz frei sein."