Kurt-Weill-Zentrum Kurt-Weill-Zentrum: Meisterhaus als Kit-Kat-Klub
Dessau/MZ. - Zwei Blondinen sangen im Feininger-Haus. Das klingt ein wenig wie der bekannte Einzeiler von der Blondine an der Universität, ist aber mit einem Satz nicht erschöpft. Dabei scheint der heute oft spöttelnd traktierte Makel, welcher der strahlenden Haarfarbe anhaftet, Tradition zu haben. Schon Ende der 20er Jahre hieß es in einer Strophe von Friedrich Hollaender: "Jedermann glaubt, die Blonden sind naiv." Doch Hollaenders Lied "Nimm dich in Acht vor blonden Frauen" macht aus besagter Spezies weit mehr als hohle Leuchttürme einer hübsch frisierten Sinnlichkeit.
In dieser Tradition bewegte sich auch das Konzert am Sonntag im Kurt-Weill-Zentrum, dem das erwähnte Hollaenderlied den programmatischen Titel gab. "Two Ladies" - Maike Garden und Ina Nadine Wagler - von der Universität der Künste Berlin (UdK) führten ein begeistertes Publikum im gradlinigen Atelier des Bauhausmeisters in verwegene Winkel der Sinnlichkeit. Peter Koch, Professor an der UdK, hatte das Programm eigentlich für drei Sängerinnen konzipiert. Die dritte Lady jedoch stand bei den Festspielen in Ettlingen als Sally Bowles in "Cabaret" auf der Bühne. Geplant ist übrigens eine Folge von Gastauftritten der Absolventen des Studiengangs Musical/ Show im Feininger-Haus.
Die auch von Peter Kock geleitete Ausbildung bemüht sich nicht nur um die Hauptfächer Gesang, Tanz und Schauspiel, sondern auch um Erfahrungen im Rampenlicht vornehmlich in Kooperationen mit Berliner Bühnen. Eine Reihe von Absolventenprojekten wurde so erarbeitet. Dazu gehören Stücke wie "On the Town" oder Weills "Love Life". Aufgeführt wurde die Geschichte einer amerikanischen Durchschnittsfamilie vom Studiengang Musical mit dem Orchester des Theaters des Westens beim Kurt-Weill-Fest 2001. Das praxisnahe Konzept scheint aufzugehen, weil viele Absolventen direkt nach der Ausbildung von Musicalbühnen oder Theatern engagiert werden. So reisen auch die beiden Ladies direkt von Dessau zu Proben nach Wien.
Vorher aber lasierten sie das nüchterne Atelier mit dem Charme des Kit-Kat-Klubs, auch wenn hinter dem professionellen Auftritt und der stimmlichen Brillanz der nötige laszive Glimmer einige Bügelfalten bekam. Trotzdem verlor sich nichts in hübsch bewegter Belanglosigkeit. Am Klavier begleitet wurde das Programm aus Musicalsongs und Chansons von Adam Benzwi, dessen Spiel mit der ständig wechselnden Tonstärke der Sängerinnen bestens harmonierte.
Ina Nadine Wagler taktierte beeindruckend mit dem vergnügungssüchtigen Crescendo im längst zum Ohrwurm gewordenen "Cabaret". In einem Ausschnitt aus dem Theaterstück "Tränen der Heimat" mimte sie ein von Deutschtümelei beseeltes Naivchen, welches via Radio auf die Vermählung mit ihrem Bräutigam an der Ostfront wartete. Auch der entfernte Schritt vom Stepptanz zur Berliner Göre, von der "42'' street" ins Zille-Milieu gelang. Dort wartete Emil mit "seiner unanständ''gen Lust", gegen die sie sich derb berlinernd wehrte.
Maike Garden posierte temperamentvoll als "Schwarze Katharina". Was in "I don''t remember you" anklang, blitzte immer wieder auf. Gerade die leisen Partien variierten nuanciert zwischen einfühlsamen und köstlich lasziven Klangfarben. Doch das nützte ihr wenig. Denn am Ende bekam sie "Waldemar". Der Name ist redend. Ihr Traummann sollte irgendwie anders aussehen - sang sie jedenfalls und trug''s mit Humor.
Vor der eindrücklichen und berechtigten Warnung vor blonden Frauen gaben die "Two Ladies" einen Einblick in das für die Studenten entwickelte Musical "Love-Bite" (Böhmer/Lund). Der "Biss ins Herz" beleuchtet offenbar sehnsuchtsvoll Alltäglichkeiten mit den großen Gefühlen des Musicals. Dann gab es auch noch Zugaben mit Niveau, wie man es von blonden Damen nicht anders erwartet.