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Kunstmalerin Kunstmalerin: Seit März geht die Kurve nach oben

Von Claus Blumstengel 27.11.2003, 18:03

Dixförda/MZ. - Die MZ begleitet seit einigen Monaten Teilnehmer eines Existenzgründer-Seminars des Integra-Instituts Dessau auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit:

Das blecherne Klappern vor dem Haus Nr. 24 in dem kleinen Örtchen Dixförda bei Jessen wird immer lauter. Dann schellt die Klingel. Monika Fritzsche steht vor der Tür, bepackt mit einigen Alu-Gießkannen. Die Mitarbeiterin eines Baumarktes in Jessen bringt seit einiger Zeit regelmäßig dieses Arbeitsmaterial zu Steffi Fuchs, die daraus in ihrem Malerstübchen dekorative Kunstwerke herstellt.

Nein, eigentlich gehöre das nicht zum Kundendienst des Baumarktes. "Aber ich kaufe hier selbst ab und zu bemalte Stücke, warum soll ich da nicht die Gießkannen gleich mitbringen?" meint sie. Die beiden Frauen hatten sich kennen gelernt, als Steffi Fuchs im Baumarkt Farben kaufte. Monika Fritzsche war einfach neugierig, was ihre Kundin daraus macht und fuhr einige Tage später ins Malerstübchen.

Es sei durchaus kein Nachteil, so weit ab vom Schuss zu wohnen. "Hier auf dem Lande spricht sich alles schnell herum, und die Nachbarn aus dem Ort klingeln auch schon mal, wenn sie kurzfristig ein Geschenk brauchen", meint Steffi Fuchs auf die Frage, ob ihre kunstgewerbliche Malerei in einer Stadt nicht größere Chancen hätte. "Das passt doch einfach auf unseren Bauernhof", fügt sie hinzu.

Gerade in jüngster Zeit hat sie für Nachbarn aus dem Dorf Hochzeitsgeschenke bemalt. "Da hatte ich nur fünf Tage Zeit für den Entwurf, die Grundierung und das Bemalen, und dabei muss alles zwischendurch ja auch mehrmals trocknen", beschreibt sie den etwas problematischen Eil-Auftrag.

Bemalte Milchkannen, farbenfrohe Weinballons und Einlegetöpfe haben Ingrid und Franz Kleinert aus Prettin schon bei Steffi Fuchs gekauft. "Wir haben davon in der MZ gelesen und fanden die Idee von Frau Fuchs einfach toll, da haben wir etwas Besonderes, das andere nicht besitzen", erzählt Ingrid Kleinert. "Die Einlegetöpfe aus unserem überschwemmten Haus wollte ich schon wegwerfen, und nun sind sie so ein schöner Blickfang", schwärmt die Prettinerin.

Vom Fliesenleger, der das Bad in ihrem vom Hochwasser überfluteten Haus wieder herrichtete, erfuhr Ines Gedenk aus Gorsdorf vom künstlerischen Gewerbe der Steffi Fuchs. Auch sie kam aus Neugier nach Dixförda und fuhr mit einigen kleinen Kunstwerken wieder davon. Dass die ebenfalls vom Hochwasser geschädigte Familie Kleinert die Begegnung mit Kundin Gedenk im Malerstübchen dann noch ausgiebig für einen Erfahrungsaustausch über Handwerker und Entschädigungen nutzte, gehört für Steffi Fuchs zum Dorfleben einfach dazu.

Mit dem Hochwasser hat übrigens auch ihr nächster Auftrag zu tun: Als Dankeschön für Helfer von der Freiwilligen Feuerwehr sind einige Krüge gedacht, die sie gerade mit passenden Motiven verziert.

Woher aber nimmt Steffi Fuchs die vielen Ideen für ihre Motive? "Oft nennen mir Kunden ihre Vorstellungen, die ich dann umsetze. Anregungen bekomme ich auch aus alten Büchern und Zeitschriften", informiert die Künstlerin. Hat sie das Motiv mit Bleistift auf den Handwagen, den Weinballon, die Truhe, den Krug oder das Schild gezeichnet, so stellt sie es dem Auftraggeber erst einmal vor. "Ich überrumpele niemanden. Wenn der Kunde ein Motiv ablehnt, so mache ich es neu", schildert sie ihre Arbeitsweise.

Ein gutes Geschäft macht Steffi Fuchs neuerdings auf Bauernmärkten wie in Linda oder Falkenberg. "Dazu hat mich der Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft angeregt, in den ich eingetreten bin", informiert die Existenzgründerin.

"Die Kurve geht nach oben", schätzt Steffi Fuchs die Entwicklung ihres Ein-Frau-Unternehmens seit der Anmeldung im März 2003 ein. "Es macht mir einfach Spaß, und ein gutes Einkommen ist es auch", fügt sie hinzu. Inzwischen werden bei ihr so langsam die Milchkannen knapp. Bei vielen Imkern, so hat sie gehört, stehen die herum. "Wer sie nicht mehr braucht - ich nehme sie gern", informiert die junge Frau.

"Was mir an meinem Gewerbe am meisten gefällt? Dass ich keinen Chef habe, der mir dauernd reinredet. Dass ich hier jeden Tag selbst entscheiden kann, was ich machen will", äußert Steffi Fuchs. Dass sich die Existenzgründerin mittlerweile kaum noch einen freien Tag gönnt und auch sonntags arbeitet ("Ich kann doch die Kunden nicht ewig auf ihre Bestellungen warten lassen."), stört Steffi Fuchs nicht. "Irgendwo nur herumzusitzen, da würde ich mich nicht wohl fühlen", sagt sie.

Was rät sie jemandem, der auch mit dem Gedanken spielt, eine eigene Existenz aufzubauen?

"Wenn man nur darüber grübelt, was alles schief gehen könnte, dann braucht man gar nicht erst anzufangen." Einem Bekannten, der kurz vor der Sozialhilfe stand, hat sie zum Beispiel Info-Material über Existenzgründung gegeben und geraten, ein Gewerbe anzumelden. "Sozialhilfe kannst du immer noch beziehen, wenn es nichts wird", habe sie ihm gesagt.

Aber wenn es doch schief gehen sollte mit ihrem kleinen Unternehmen? "Dann lasse ich mir etwas anderes einfallen. Das ist doch wie beim Reiten. Wenn der Reiter vom Pferd fällt, dann steht er eben wieder auf", meint Steffi Fuchs und fügt augenzwinkernd hinzu: "Ich saß schon auf einem Pferd, als ich vier Jahre alt war, und seitdem ist viel passiert..."

Ihr Partner Uwe Kettmann übrigens hat nun auch schon ein Existenzgründer-Seminar beim Integra-Institut Dessau absolviert. Mit seinen Fertigkeiten als Schweißer und Schlosser will er die Wartung von Maschinen für Unternehmen anbieten. "Da rede ich ihm schon ein Jahr zu. Aber er sagte: Erstmal abwarten, wie es bei dir läuft", bemerkt Steffi Fuchs. Doch nächste Woche ist es so weit. Zum ersten Dezember hat auch Uwe Kettmann sein Gewerbe angemeldet.

Im nächsten Teil: Was hat sich bei Existenzgründer Bernhard Rochelmeyer in Loburg getan? Geld für Material nötig. Vor Weihnachten noch Umzug geplant.

Steffis Malerstübchen, Dorfstraße 24, 06928 Dixförda, Tel. / Fax 03537-21 58 56, Verkauf und Bestellung dienstags und donnerstags 9 bis 19 Uhr.