Konzert Konzert: Und Licht glomm in der Finsternis
Dessau/MZ. - "Das große Abendmahl", eine Evangelienmotette von Johannes Weyrauch (1897-1977), gehörte zum Programm des Konzertes der 27. Dessauer Kantorei am Sonnabend in der Johanniskirche unter Leitung von Landeskirchenmusikdirektor Martin Herrmann. Geprobt wurde eine Woche lang. Die sich anschließende Konzertreise begann in Bernburg, Wörlitz und Dessau und führt schließlich nach Österreich. Als Mitbringsel hat man dafür das "Kyrie eleison" von Wolfgang Amadeus Mozart im Gepäck.
Begonnen wird mit Heinrich Schütz. Es folgt Weyrauchs Motette, die deutlich durch die Sprache akzentuiert wird. Der Chor erzählt spannungsvoll, einstimmig die geladenen Gäste und vierstimmig der Hausherr. Filigran ist das Amen. So hört man die alte Geschichte neu, beinah beschwörend. Martin Herrmann hat Verse des 73. Psalms vertont. Hier klingt das Hiob-Thema, das Leiden des Gerechten an und mehr noch der Ruhm der Frevler. Auch Herrmann erzählt ohne Schmuck, mit beinah unbequemer Konsequenz und voller Dynamik. Es folgen "6 Sprüche zum Kirchenjahr" von Felix Mendelssohn-Bartholdy. Dann schweigen die Frauen: "Heilig ist der Herr" von Franz Schubert. Die Stimmen paaren sich zu einem gefühlvoll zärtlichen Klangkörper, bis der Tenor herausragt. Das muss den Chorleiter ärgern, der so empfindsam arbeitet. Dass Herrmann meist auch getragene Tempi wählt, zeigt die Mitte und der Mittelpunkt des Konzertes: Johann Sebastian Bachs "Jesu, meine Freude".
Die Motette weist eine imposante Architektur auf. Bach verband die Rechtfertigungslehre des Apostel Paulus aus dem Römerbrief mit unterschiedlich gesetzten Strophen des Chorals "Jesus meine Freude" des Gubener Bürgermeisters und Laiendichters Johann Franck. So sind evangelisch theologische Quintessenz und beschauliche Erbauungsliteratur miteinander verzahnt. Die Fuge über "Ihr seid nicht fleischlich, sondern geistlich" bildet die Mitte des Werkes. Es ist wohl eine Trauermotette, aber eine, welche die christliche Botschaft transportiert.
Herrmann gräbt sich grüblerisch hinein. Darunter leidet die Durchsichtigkeit. Sparsam bleiben die Akzente. Enthaltsamkeit, die nichts bewirkt. Das rollt keinen Stein vom Grab. Dieser Trauer fehlt das Licht. Mag man zu christlichen Hoffnungen, mag man zum Tod stehen, wie man will - für Bach hat dieses Licht geleuchtet. In seiner Musik, in dieser Motette scheint es in die Finsternis. Die Kantorei lässt es glimmen.