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Konflikt mit eigener Familie Konflikt mit eigener Familie: Rita Fabris plant Dessauer Selbsthilfegruppe für "Schwarze Schafe"

Von Sylke Kaufhold 09.06.2019, 12:00
Rita Fabris im Stadtpark
Rita Fabris im Stadtpark Kaufhold

Dessau - „Ich bin das schwarze Schaf der Familie“, eröffnet Rita Fabris das Gespräch. Sie lächelt bei diesem Satz. Zaghaft und fast entschuldigend. Doch schnell wirkt sie wieder entschlossen und überzeugt, das für sie richtige getan zu haben.

Die 36-Jährige hat sich von ihrer Herkunftsfamilie getrennt. Sie hat zu ihren Eltern und der älteren Schwester den Kontakt abgebrochen. Um sich selbst zu schützen. Jetzt will sie eine Selbsthilfegruppe gründen für Menschen, denen es ähnlich geht wie ihr. Die sich von ihren Eltern nicht verstanden fühlen, denen Familientreffen nicht nur ungeliebt, sondern eine Qual sind.

„Ich habe mein Leben lang versucht, meinen Eltern gerecht zu werden. Das ist mir nie gelungen. Im Gegenteil. Alles, was ich machte, war falsch. Was meine Schwester macht, ist immer richtig“, fasst sie ihre familiären Erfahrungen zusammen.

Das Materielle spiele bei ihren Eltern eine große Rolle, erzählt Rita Fabris

Als die junge Frau 2010 mit ihrem Freund aus einem kleinen thüringischen Ort nach Dessau zog, sich hier ein Leben aufbaute und ein Kind bekam, brach der Konflikt noch deutlicher auf. „Ich bin ein undankbares Kind.“ Das Materielle spiele bei ihren Eltern eine große Rolle, erzählt Rita Fabris. „Zuneigung und Liebe wurden mit materiellen Dingen gezeigt, dafür erwarten meine Eltern Dankbarkeit. Das sehen sie als Respektsbezeugung.“

Rita Fabris hat andere Wertvorstellungen. Liebe zu ihrer inzwischen vierköpfigen Familie zeigt sich für sie nicht über die Größe der Geschenke. Miteinander reden, Offenheit, gegenseitige Akzeptanz und Toleranz, Gefühle zeigen - „Das ist für mich Familie.“ Im Gegensatz zu ihren Eltern, wo Konflikte weder besprochen noch gelöst würden. „Da wird alles unter den Teppich gekehrt und die Fassade aufrechterhalten.“

Rita Fabris’ Versuche, mit den Eltern über ihre Sorgen und Befindlichkeiten zu reden, scheiterten allesamt. Stattdessen habe es Vorwürfe gehagelt.

„Aber ich bin doch nicht die einzige, der es so geht“

„Ich litt darunter sehr, suchte die Schuld bei mir, war unglücklich“, beschreibt sie ihre damalige Gefühlswelt. Sie wurde krank. Und zog die Reißleine. „Mir ging es damit gut“, sagt sie. Aber andere hätten dafür wenig Verständnis. „Das sind doch deine Eltern, das kannst du nicht machen“- Diesen Vorwurf hat die junge Frau sehr oft gehört.

Sie suchte nach Verständnis, Hilfe und Verbündeten. Im Netz fand sie jedoch nur Gruppen für Eltern. „Aber ich bin doch nicht die einzige, der es so geht“, ist Rita Fabris überzeugt. Ihr Entschluss war gefasst. „Wenn es nichts gibt, werde ich selbst aktiv werden und uns eine Stimme geben.“

Eine Selbsthilfegruppe zu gründen, ist ihre Idee. „Ich möchte mit der Gruppe Betroffenen einen Anker bieten, sie stärken durch den Austausch mit anderen und ihnen verdeutlichen, dass es einen Ausweg für sie gibt. Man muss sich emotional nicht erpressen lassen.“ Wer sich angesprochen fühle, sei herzlich willkommen. (mz)

Zur Gründung einer neuen Selbsthilfegruppe für Menschen, die sich von ihrer Herkunftsfamilie gelöst haben oder lösen wollen, können sich Betroffene und Interessierte in der Kontaktstelle für Selbsthilfegruppen, Schloßplatz 3 anmelden.

Kontaktaufnahme ist möglich über Telefon 0340/313200 oder per E-Mail: [email protected]