Kochstedter Kirche wird 80
Dessau/MZ. - Die Pfarrerin von Kochstedt und Mosigkau hatte gerade einen Ordner mit Zeitdokumenten über den Bau der Zwölfapostelgemeinde durchgesehen. Dabei war sie auf einen Bittbrief des damaligen Pfarrers Dr. Redenz (Alten) gestoßen: "Auf, auf! Ihr meine lieben Kochstedter!", beginnt die Post und weiter: "Zur Ausschmückung Eurer neuen Kirche und des Kirchplatzes" fließen die Spenden von auswärts reichlich. "Wollt Ihr selbst nicht auch mit Hand anlegen? Wollt Ihr selbst nicht auch spenden?"
Auswärtige helfen
Im Oktober 1926 war der Grundstein für das Gotteshaus der damals noch eigenständigen Gemeinde gelegt worden. Im Mai 1927 war die Kirche fertig gestellt. Viele Auswärtige hatten geholfen: Die Junkerswerke spendeten 300 Reichsmark, die Continental Gasgesellschaft stiftete sämtliche Beleuchtungskörper. Lehrer Schützendübel und die Kantoren Rockmann und Bilz spendeten die Kanzelbibel, die 86-jährige Gräfin Reina die große vergoldete Altarbibel. Die Waggonfabrik gab 50 Reichsmark. Auch etliche Handwerker halfen.
Und Kochstedt? "Es fehlt die Kniebank zur Trauung, sowie die Stickerei zur Bank. Es fehlen die Opferbüchsen, Liedertafeln, ein langer Stoffläufer und sogar 15 Fuhren Kies für den Kirchplatz", zählte Pfarrer Redenz auf. Ob sich die Bürger des Dorfes nach diesem Brief noch lange haben bitten lassen, ist nicht bekannt. Dafür aber, dass die Bauarbeiten nach etlichen Tiefschlägen (einige kurzfristige Änderungen am Bau machten sich in den Kosten bemerkbar, Probleme mit der Statik) ein glückliches Ende nahmen.
Bis zur Kirchweihe vor 80 Jahren hatten die Kochstedter, die den Gottesdienst besuchen wollten, immerhin den Weg bis Alten zurücklegen müssen. Vor allem in den Wintermonaten war dies recht beschwerlich. Deshalb hatte der Gemeinderat den Bau einer eigenen Kirche beschlossen.
Marode Turmspitze
Doch nicht nur das Jubiläum des Hauses gibt es am Pfingstsonntag zu feiern. Beim Gottesdienst sollen auch zwei junge Menschen konfirmiert werden. Und außerdem: "Das Dach ist fertig eingedeckt, wir können wieder in unserer Kirche beisammen sein", freut sich Franke auf den ersten Gottesdienst in Kochstedt seit Ostern. Etliche Wochen war es nahezu unmöglich, die Kirche zu nutzen. Dachdeckerarbeiten hinterließen im gesamten Gebäude dicke staubige Spuren.
Das Geld, das kürzlich investiert wurde, um das Dach neu einzudecken, war eigentlich anderweitig verplant. Lange schon kursierten in der Gemeinde Pläne, in die Kirche einen Sanitärtrakt einzubauen. Ebenso gern hätte man in der Winterkirche eine Möglichkeit zum Kaffeekochen gehabt. Doch Kyrill, das Sturmtief, das zum Jahresanfang auch diesen Dessauer Stadtteil heimsuchte, hatte diese Pläne zunichte gemacht. Der starke Wind ließ First-Steine purzeln. Bald wurden im Kircheninneren erste Regentropfen gesichtet. Es nützte alles nichts. Ein neues Dach war einfach wichtiger.
Ganz vollständig ist dieses jedoch nicht: Für eine neue Turmspitze reichte das Geld nicht. Auf dem Kirchturm hat sich immer eine Kugel befunden, die ein Kreuz trug. Die Witterung hat Kugel und Kreuz im Laufe vieler Jahre arg zugesetzt. Beides zu erneuern, koste rund 4 000 Euro, sagt die Pfarrerin und auch, dass dieses Geld momentan nicht vorhanden ist. "Deshalb wollen wir in diesem Jahr in unserer Gemeinde für eine neue Kirchturmspitze sammeln."
Gottesdienst in der Zwölfapostelkirche am Pfingstsonntag, 10 Uhr, anschließend Beisammensein bei einem Glas Sekt.