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Kinder mit Entwicklungsstörungen Kinder mit Entwicklungsstörungen: Musik als Therapie

Von sylke kaufhold 30.11.2013, 09:30
Ein Klangerlebnis für die Jüngsten gibt es in der Kindertagesstätte Sonnenköppchen mit der Muisktherapeutin Donata Nebelung.
Ein Klangerlebnis für die Jüngsten gibt es in der Kindertagesstätte Sonnenköppchen mit der Muisktherapeutin Donata Nebelung. Sebastian Lizenz

dessau/MZ - Mit voller Wucht haut Paul auf die Trommel. Begeistert holt Jason aus für einen kraftvollen Schlag auf den Gong und Jenny schlägt mit aller Kraft die Schlägel auf das Xylophon. Der Geräuschpegel ist beachtlich. Doch auf ein Zeichen von Donata Nebelung hin verstummen die Instrumente. Stille. „Es ist eine wilde Gruppe“, erklärt die Musiktherapeutin, die Konzentration falle allen schwer und ihr Bewegungsdrang sei riesig. Immer. Das aktive Spiel auf Instrumenten ist eine Form der Therapie, ebenso wie das Musik hören zur Entspannung, die Bewegung zur Musik, das Malen nach Musik oder das Singen.

Paul und seine Freunde gehen in die Kindertagesstätte Sonnenköppchen des Behindertenverbandes und erhalten hier einmal pro Woche eine Stunde Musiktherapie. „Aufgrund ihrer Auffälligkeiten“, so Donata Nebelung. Die Musik ist dabei das Therapiemittel, „der Mittel zum Zweck“, wie es Donata Nebelung beschreibt. Musikalische Perfektion spielt also keine Rolle. Vielmehr sollen mit Hilfe von Tönen, Melodien Verhaltensmuster angeregt werden. So können mit Hilfe der Musiktherapie die sozialen Kompetenzen gefördert, die Sprachentwicklung unterstützt sowie Konzentration und Selbstbewusstsein gestärkt werden. „Ich sehe mich als Mix aus Heilpädagogin und Psychotherapeutin“, beschreibt Donata Nebelung ihre Arbeit als Musiktherapeutin, die sie beim Behindertenverband Dessau seit August ausübt.

Die Musiktherapie als therapeutisches Verfahren für Kinder mit Entwicklungsstörungen bietet der Träger mehrerer Kindereinrichtungen, darunter einer integrativen seit 2009 an. Dank der Kooperation mit der Drosos Stiftung aus der Schweiz, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Kompetenzen benachteiligter Menschen zu fördern. Die erste Förderperiode für das Projekt läuft Ende 2013 aus. „Wir konnten etliche Kindern einen großen Entwicklungsschritt voranbringen“, resümiert Projektkoordinatorin Gabriela Schönherr. Deshalb sei man froh, dass die Stiftung in zweiter Phase bis 2015 verlängert hat. „Damit haben wir die Chance, das Projekt auf eigene finanzielle Füße zu stellen.“ Dies soll mit Hilfe eines Spendenpools passieren, aus dem ein Teil der Kosten für die Musiktherapie der Kinder gedeckt werden soll. „Den Großteil der Kosten wird der Behindertenverband übernehmen, denn als Träger ist er von der Wirksamkeit der Musiktherapie überzeugt und will diese auf jeden Fall erhalten.“

Ein anerkanntes Therapieverfahren bei den Krankenkassen ist die Musiktherapie allerdings nicht. So dass Eltern, die eine solche Therapie für ihr Kind wünschen, die Kosten selbst aufbringen müssen. Ausnahmen sind die Kinder, die eine Einrichtung des Behindertenverbandes besuchen.

Donata Nebelung ist nicht nur in der Kita in der Augustenstraße tätig, sondern auch für Kinder aus den Einrichtungen Radegaster Straße und Mosigkau, Hortkinder der Grundschule Mauerstraße sowie für die Frühförderstelle DiFA. Etwa 50 Jungen und Mädchen betreut die Musiktherapeutin pro halbjährigem Therapiezyklus. In der Regel bleiben die Kinder einen Zyklus lang in der Therapie. „Sind bei Vorschulkindern Defizite auszumerzen, verlängern wir auch, damit das Kind bestmöglich auf die Schule vorbereitet ist.“

Die Auswahl der Kinder für die Therapie treffen die Erzieherinnen. „Sie kennen die Kinder und wissen am besten, wo es klemmt“, sagt Donata Nebelung. Das können auch Kinder sein, die völlig zurückgezogen sind, nur alleine spielen und kaum mit anderen sprechen. Die Zusammensetzung der Gruppen erfolge dann „mit therapeutischem Blick“ .

Gerne würden Gabriela Schönherr und ihre Mitstreiter das Therapieangebot auch Kindern aus anderen Einrichtungen oder privat Interessierten ermöglichen. Das sei derzeit leider noch nicht möglich, so Schönherr, „aber wir arbeiten an einer personellen und strukturellen Lösung.“

Paul, Jason und Jenny versuchen sich inzwischen an den leisen Tönen. „Leise zu spielen ist aber viel schwerer“, stellen alle einmütig fest. Und schnell werden die Töne lauter. Donata Nebelung erinnert an das leise Piepen eines kleinen Mäuschens - und die Kinder setzen die Töne wieder zaghafter.

Der Behindertenverband lädt am 26. Februar von 14 bis 18 Uhr Interessierte ein, das Musiktherapieangebot und die Räumlichkeiten kennenzulernen.

Weitere Infotmationen im Netz unter www.musiktherapie-dessau.de.