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Kein Urlaub in den ersten sechs Jahren

Von Susanne Weihmann 17.06.2005, 16:12

Gnölbzig/MZ. - Bei Burmeisters ist immer Leben in der Bude, außer in der "Saure-Gurken-Zeit" zwischen Herbst- und Winterferien. Die Eheleute sind spürbar mit Freude dabei: "Die Rasselbande hält mich jung", sagt Jürgen Burmeister. Gern kickt der 60-Jährige mal mit den kleinen Besuchern und pumpt ihnen auf Wunsch den Fußball wieder auf.

Vor allem Grundschüler aus dem Landkreis verbringen gern ein paar Tage in der Touristenstation, wie die Zweit- und Viertklässler aus Könnern in der vergangenen Woche: "Mir gefällt hier alles," war Lisa-Marie Göpfert begeistert. "Die Betten sind cool", fand Vivian Eising. Und das, obwohl die selber bezogen werden mussten. "Ich finde es toll, dass es hier Fußballtore gibt", meinte Stanley Schulze, "denn an unserer Schule haben wir keine." Alle Drei freuten sich auch auf das bevorstehende Lagerfeuer. Nach all den Jahren merken Burmeisters ganz genau: "Da sind einige zum ersten Mal auf Klassenfahrt. Die sind nämlich noch sehr aufgeregt."

Schon lange kennt Waltraut Burmeister die einstige "Station für junge Touristen" in Gnölbzig. Ab 1978 arbeitete sie hier als pädagogische Mitarbeiterin: "Seitdem lässt mich das Haus nicht mehr los." Zu Hause sind Burmeisters in Strenznaundorf: "Wenn wir auch noch hier wohnen würden, hätten wir nie Feierabend", sagen sie. Für ihre Gäste sind sie dennoch (fast) immer erreichbar. Solche Stationen habe es früher in jedem Kreis gegeben: "Sie wurden geschaffen, weil die Kinder wieder wandern sollten", erklärt sie. Daran halten Burmeisters, selbst Eltern zweier Söhne, auch heute noch fest. Mit den Schülern geht es z. B. zum Salzbach, in die "Bärenhöhle" oder in den Auwald, um ihnen die Natur nahe zu bringen. Unterwegs werden dann oft Pflanzen und Tiere unter die Lupe genommen und bestimmt. Außerdem seien die Kinder stolz, wenn sie die Strecke zu Fuß bewältigt hätten.

"Ich wollte schon immer etwas mit Kindern machen", sagt die gelernte Textilfachverkäuferin. Nach der Ausbildung in Mittweida (Sachsen) hat sie dort bis zu ihrer Rückkehr in die Heimat als Pionierleiterin gearbeitet. Das, was sie damals gelernt habe, könne sie heute auch oft noch gebrauchen, z. B. was Organisation betrifft. Auch Jürgen Burmeister beschäftigte sich schon immer gern mit jungen Leuten.

Im Jahr 1996 wurden Burmeisters vom Verwaltungsleiter gefragt, ob sie die Touristenstation in privater Trägerschaft übernehmen wollen. Gerade einmal 14 Tage Bedenkzeit blieb ihnen. Sie hätten kaum ein Auge zugemacht in dieser Zeit, blickt Waltraut Burmeister zurück. Zu groß waren die Bedenken, alles selbst managen zu können, doch sie versuchten es. Zwar war in den ersten sechs Jahren überhaupt nicht an Urlaub zu denken.

Ihr Mut und Engagement haben sich gelohnt: Nicht nur Grundschüler fühlen sich hier wohl. Auch Pferde- und Radwanderer legen gern eine Pause ein. Es sind noch mehr geworden, seitdem die Touristenstation in der "Brigitte" vorgestellt wurde. Viele Radfahrer aus den alten Bundesländern wären durch den Zeitschriftenartikel auf die Station aufmerksam geworden. Die Radler seien dann oft überrascht über die schöne Landschaft an der Saale.

Nie haben Burmeisters den Schritt bereut: "Wir haben eigentlich einen schönen Job", lautet das Fazit von Frau Burmeister. Solange es geht, wollen sie weitermachen.