Junkerflugzeug in Dessau Junkerflugzeug in Dessau: Als Eisen fliegen lernte

dessau - Der „Blechesel“ flog! Am 12. Dezember 1915 fand gegen 11 Uhr vormittags in Döberitz bei Berlin der mit Spannung erwartete erste Flug mit dem „Junkers'schen Stahlflugzeug“ statt.
Die Junkers J1 ist das welterste flugfähige, freitragende (verspannungslose) Flugzeug in Ganzmetall aus 1,1mm bis 1,2mm starkem Eisenblech in segmentierter Schalenbauweise. Die freitragende Flügelform stellt in ihrer Konstruktion und Gestaltung ein qualitativ neues aerodynamisches Auftriebselement dar, der Ausgangspunkt und Wegweiser für die Weiterentwicklung im Flugzeugbau weltweit.
Bereits nach einer Rollstrecke von zirka 40 Metern, die Startstrecke war auf 250 Meter berechnet, hob der Pilot Leutnant Mallinkrodt mit der Maschine, ausgerüstet mit einem 120 PS Mercedes-Motor und einer Startgeschwindigkeit von 130 km/h, vom Erdboden ab.
Vorurteile widerlegt
Damit war der praktische Beweis der aerodynamischen Forschungsarbeiten von Hugo Junkers erbracht. Auch die weiteren Flugversuche am 18. und 19. Januar 1916 verliefen erfolgreich und bestätigten die Vorteile der neuen Bauart. Damit war das Vorurteil zahlreicher Fachleute, dass Metall aufgrund seiner Schwere für den Flugzeugbau völlig ungeeignet sei, eindeutig widerlegt worden.
Darauf aufbauend wurden Flugzeuge weiterentwickelt und solche Anforderungen wie: gute Aerodynamik, Sicherheit, Zuverlässigkeit, ein optimales Masse-Leistungsverhältnis, Flugkomfort und einfache Wartung gelten noch heute als Grundparameter im Flugzeugbau.
Innerhalb von vier Monaten war unter Federführung von Hugo Junkers ein freitragender Mitteldecker mit einem dicken Profilflügel in Ganzmetallausführung aus 1,1 bis 1,2mm starkem Stahlblech auf einer Eisenrippenkonstruktion entstanden. Unterstützt von Dr.-Ing. Otto Mader, seinem engsten leitenden Mitarbeiter, seiner Tochter Hertha, den Oberingenieur Kurt Erfurth und Hans Steudel sowie den innovativsten Mitarbeitern aus Forschung und Fertigung gelang dieses ehrgeizige Projekt. Das Flugzeug mit der Typenbezeichnung Junkers J 1 ging als „Blechesel“ in die Luftfahrtgeschichte ein.
In der Luftfahrtgeschichte markieren die beiden Jahreszahlen 1910 und 1915 einen bedeutenden Schritt zur Verwirklichung des langgehegten Menschheitstraumes, fliegen zu können. 1910 baute Hugo Junkers den ersten Groß-Luftstromkanal (Windkanal). Damit stellte er in Zusammenarbeit mit seinem Freund und Kollegen Prof. Hans Reißner, Mathematiker und Ordinarius für Mechanik in Aachen, die bis dahin noch in den Kinderschuhen steckende Aerodynamik auf eine wissenschaftliche Grundlage.
Grundlage für moderne Luftfahrt
Junkers besaß bereits auf dem Gebiet der Gaskraftmaschinen einen guten Ruf und die in seinen Dessauer Betrieben hergestellten Gasbadeöfen und Warmwasser-Durchlauferhitzer waren qualitativ hochwertige Produkte. Am Anfang einer jeden technischen Entwicklung stand die Grundlagenforschung und die daraus gewonnenen Kenntnisse in Werkstoffprüfung, Metallbauweise und Blechverarbeitung etc. waren ein enormer Wissensspeicher. Dieses Wissen nutzte er auch zur praktischen Forschung auf dem Gebiet der Konstruktion und Herstellung von Flugzeugen.
Es gelang ihm, durch originäre Denkweisen und Einführung neuer Methoden im konstruktiven und technologischen Prozess den Flugzeugbau jener frühen Jahre zu revolutionieren. Mit seinem Patent für „Gleitflieger mit zur Aufnahme von nicht Auftrieb erzeugenden Teilen dienenden Hohlkörpern“ vom 1. Februar 1910 schuf Junkers die Grundlagen unserer heutigen modernen Luftfahrt. Anstelle des bisher im Flugzeugbau üblichen Netzes aus Verstrebungen und Verspannungen konstruierte Junkers einen freitragenden Großraumflügel aus Metall. Dessen Profilstärke gewährleistete eine günstige Relation zwischen Auftrieb und Widerstand. Zugleich war er technisch so ausgelegt, dass in seinem Inneren alle Funktionsteile, Aggregate, Motoren, aber auch Nutzlasten und Personen usw. Aufnahme finden konnten. (mz)
