1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Dessau-Roßlau
  6. >
  7. Jüdischer Friedhof in Dessau: Jüdischer Friedhof in Dessau: Gemeinde erhält Gräberfeld für nichtjüdische Partner

Jüdischer Friedhof in Dessau Jüdischer Friedhof in Dessau: Gemeinde erhält Gräberfeld für nichtjüdische Partner

Von Annette Gens 12.02.2018, 14:04
Blick auf den Jüdischen Friedhof und auf die Fläche (rechts), in der Flaschen mit unbekannten Flüssigkeiten und Gummireifen gefunden wurden.
Blick auf den Jüdischen Friedhof und auf die Fläche (rechts), in der Flaschen mit unbekannten Flüssigkeiten und Gummireifen gefunden wurden. Lutz Sebastian

Dessau - Der Jüdische Friedhof in Dessau wird in den nächsten Wochen erweitert. Möglich macht das ein Flächentausch zwischen der Jüdischen Gemeinde zu Dessau und der Stadtverwaltung. Die rund 1.200 Quadratmeter neue Friedhofsfläche schließen sich östlich des in der Nähe der Ludwigshafener Straße gelegenen Jüdischen Friedhofs an.

Die eingetauschte Fläche liegt seit vielen Jahren brach. „Das Gebiet wird im Frühjahr erschlossen“, kündigt Alexander Wassermann, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Dessau, an. Noch im Februar sollen auf der Fläche Bäume gefällt werden.

Etwa 120 Grabstellen sollen auf dem Areal entstehen, das räumlich vom eigentlichen jüdischen Friedhof getrennt bleiben wird. Es wird zwischen dem alten Teil des seit 1674 bestehenden historischen Friedhofs und dem neuen Begräbnisplatz aber eine Verbindung geben.

Auf dem neuen Begräbnisplatz können nun nichtjüdische Partner ihre letzte Ruhe finden

Mit der neuen Fläche kann die Gemeinde ein Problem lösen, das auch in anderen Jüdischen Gemeinden von Bedeutung ist. Es gibt heute mehr gemischte Paare als früher. Doch Ehepaare, bei denen der eine Partner jüdisch, der andere aber nichtjüdisch ist, erhalten in der Regel kein gemeinsames Grab auf jüdischen Friedhöfen.

Das ist auch in Dessau aus religiösen Gründen so, bestätigte Wassermann. Auf dem neuen Begräbnisplatz können nun aber nichtjüdische Partner ihre letzte Ruhe finden. Etwa 120 Grabstellen werden auf der hinzugewonnenen, eingetauschten Fläche entstehen.

Die Jüdische Gemeinde zu Dessau wurde 1994 neu gegründet. Ein Jahr später fand laut Wassermann das erste Begräbnis auf dem jüdischen Friedhof statt. Seither wurden dort 70 Gemeindemitglieder zur letzten Ruhe gebettet. Zur Zeit wird ein neues Gräberfeld vorbereitet, das aber für Probleme sorgt. Bei ersten Grabungen wurde Müll gefunden.

Reste alter Lkw-Reifen und Flaschen mit noch nicht definierter Flüssigkeit

Offenbar handelt es sich um die Reste alter Lkw-Reifen und Flaschen mit noch nicht definierter Flüssigkeit. Bei den Flaschen gibt es aber zumindest einen Hinweis, dass diese mindestens 70 Jahre alt sein müssen.

Gefunden wurden im Boden aber auch zerschlagene Grabsteine, sagte Manfred Pungert, der die Altstoffe birgt. Momentan wird die Gräberfläche mit rund 80 Grabstellen untersucht. Mittels Bagger wird der Boden ausgehoben und das Material, das dort nicht hingehört, geborgen.

Städtisches Umweltamt hat den geborgenen Müll auf dem Friedhof bereits in Augenschein genommen

Überlieferungen zufolge soll es nach dem Zweiten Weltkrieg auf dem Jüdischen Friedhof etliche Bombentrichter gegeben haben, die verfüllt worden sind. Für diese Version spricht das Bild der Grabungen. Eine andere Überlieferung besagt, dass bereits nach 1939 umliegende Unternehmen ihren Müll auf dem Friedhof entsorgt haben sollen. Bestätigt sind beide Versionen nicht.

Das städtische Umweltamt hat den geborgenen Müll auf dem Friedhof bereits in Augenschein genommen, sagte Stadt-Sprecher Carsten Sauer. Ersten Erkenntnissen zufolge „handelt es sich dabei nicht um Altlasten, von denen eine Gefährdung ausgehen könnte“. Eine abschließende Einschätzung über die Materialien liegt noch nicht vor und wird von einer beauftragten Fachfirma vorgenommen. Das Umweltamt stehe der Gemeinde beratend zur Seite. (mz)

Der geborgene Müll auf dem Jüdischen Friedhof Dessau.
Der geborgene Müll auf dem Jüdischen Friedhof Dessau.
Gens