Jüdische Gemeinde Jüdische Gemeinde: Ein Dach aus Weide für das Laubblütenfest

Dessau - Es ist eine Fügung und eine glückliche dazu. Unter einem Weidendach kann die jüdische Gemeinde in diesem Jahr ihr Laubhüttenfest feiern, das am Mittwochabend begonnen hat. Und die Gemeinde ist dadurch zum Baumpaten geworden, was wiederum Christoph Otto vom städtischen Umweltamt freut.
Beim Laubhüttenfest, erzählt Swetlana Keller vom Vorstand der jüdischen Gemeinde, werden auf Höfen, Balkonen oder in Gärten (also unter freiem Himmel) provisorische Hütten errichtet, die mit Ästen, Stroh und Laub bedeckt sind. In den Vorjahren hatte die Gemeinde Hilfe beim Aufbau ihrer Hütte von Propst Gerhard Nachtwei bekommen. Doch nun musste ein neuer Partner gefunden werden.
Der Hilferuf der Gemeinde war schließlich im Umweltamt angekommen, sagt Christoph Otto, der in der unteren Naturschutzbehörde für den Bereich Artenschutz zuständig ist. „Momentan sorgen wir uns intensiv um die Pflege von Kopfweiden im Stadtgebiet“, erzählt er, dass es davon ca. 1 300 Bäume gibt, deren Pflege in den vergangenen Jahren vernachlässigt wurde, was mit Finanzen, aber auch fehlenden Kapazitäten zu tun habe. „Deshalb sind wir daran interessiert, die Kopfweiden in eine Nutzung zu überführen“, erklärt er die Suche nach Baumpaten.
Festlichkeiten der Religionen
Kopfweiden, erzählt Otto, sind ein wichtiges Merkmal der Weichholzaue und entstammen der bäuerlichen Nutzungsform. Das heißt, die Pfahl- oder Bruchweiden wurden zur Energieverwertung genutzt, aber auch Bindematerial wurde von den Bäumen gewonnen und aus den Ästen wurden Schippenstiele gearbeitet. Weniger verbreitet sind in der Dessau-Roßlauer Gegend hingegen Korbweiden, deren sehr biegsame Ruten zum Flechten von Körben verwendet wurden. Genutzt wurden Weidenruten aber auch schon immer für Festlichkeiten der Religionen. Weshalb es nun nahe lag, die jüdische Gemeinde mit Weide zu unterstützen.
Wenn Baumpaten, wie die jüdische Gemeinde, gefunden werden, erhalten sie einen Baum, der wiederhergestellt ist und aller ein bis zwei, spätestens drei Jahre dann von den Paten selbst gefahrlos verschnitten werden kann, erklärt der Mitarbeiter im Umweltamt.
„Eiche des kleinen Mannes“
Auch in Kleutsch, so Otto, habe er Baumpaten für die „Eiche des kleinen Mannes“ geworben, wie die Weiden einst von den Vorfahren genannt wurden. Immerhin 150 bis 200 Jahre lang können die Bäume Holz produzieren. Wichtig aber dabei ist, dass Kopfweiden entsprechend gepflegt und geschnitten werden. „Mit Hilfe der Paten können wir unseren Kulturlebensraum wieder in Nutzung bringen“, erklärt der Mitarbeiter des Umweltamtes. Und die Nutzung der Weiden als Energieträger sei dabei ein Argument.
Ein anderes Argument ist eben das religiöse Fest Sukkot der jüdischen Gemeinde. Das Dach der Hütte wird dabei so gestaltet, dass die dicht gelegten Äste die Sonnenstrahlen kaum hereinlassen. „Aber es müssen in der Nacht noch Sterne durch das Dach zu sehen sein“, sagt Keller. Und dank der belaubten Weidenruten konnte die Hütte zu Sukkot geschmückt werden. Sie wird nun bis einschließlich 17. Oktober genutzt, wenn Simchat Tora, das Torafreudenfest, unterm Weidendach gefeiert wird. (mz)