Johanniskirche in Dessau Johanniskirche in Dessau: Orgelpfeifen bekommen nach 26 Jahren die erste Wellnesskur

Dessau - Die Ruhe ist dahin, schon seit Wochen. Genau gesagt seit dem 10. Oktober gleicht der Altarraum in der Johanniskirche einer großen Baustelle.
Die Eule-Orgel, im Oktober 1990 eingeweiht, wird nach 26 Jahren das erste Mal einer Komplettreinigung unterzogen. Gebläse, Saugerdüsen, Werkzeugkoffer, eine große Schüssel mit Spülwasser und unzählbar viele Orgelpfeifen teilen sich den Platz vor dem Absperrband. Dahinter beginnen die Stuhlreihen.
Schon mancher nahm hier Platz und ließ statt ruhiger Einkehr das handwerkliche Treiben auf sich wirken.
Alle 3.295 Pfeifen werden gereinigt
Michael Friedel und Paul Schröer sind dabei voll in ihrem Element. Die beiden Orgelbauer der Firma Eule aus Bautzen kümmern sich noch bis zum 1. Dezember darum, dass die Orgel der Johanniskirche wieder mit vollen Klängen in die nächsten Jahrzehnte geht.
Dafür wird sie einmal komplett auseinandergenommen, wieder zusammengebaut und gestimmt. Alle 3.295 Pfeifen, die in insgesamt 48 Registern angeordnet sind, werden kräftig durchgepustet und durchlaufen in diesen Wochen das Wasserbad mit Spülmittel.
Im Orgelgehäuse geht es dem Staub, egal wo er sitzt, endgültig an den Kragen. „Bei einer Orgel ist es doch im Prinzip auch nicht anders als bei einer alten Schrankwand. Nach über 25 Jahren hat sich da nun mal viel Dreck vor allem an den schwer zugänglichen Stellen festgesetzt“, erklärt Orgelbauer Friedel.
Orgelbauer loben: „Sie hat sich gut gehalten“
Das führt über so lange Zeit zu einigen Misstönen. „Erst werden die Pfeifen durch den Staub im Inneren leiser. Irgendwann sind sie komplett stumm“, erläutert Friedel. Wobei der Bautzener für Dessaus größte Kirchenorgel auch viel Lob übrig hat. „Sie hat sich gut gehalten. Die klimatischen Bedingungen hier sind für das Instrument optimal. Was hier in 26 Jahren an Staub angefallen ist, das wurde in der Leipziger Nikolaikirche schon innerhalb von zehn Jahren erreicht“, erzählt der Orgelbauer.
Das ist vor allem den drei Cranach-Gemälden in der Johanniskirche zu verdanken. Für deren Erhalt braucht es besonders optimale Bedingungen in Bezug auf Temperatur und Luftfeuchtigkeit.
Daher ist für die Dessauer Eule-Orgel, anders als in vielen Dorfkirchen, auch Schimmel kein Problem. Kleine Inspektionen gab es bisher alle zwei bis drei Jahre. Doch eine Komplettreinigung und intensive Prüfung aller Teile war trotz dieser guten Bedingungen jetzt fällig.
Fördermittelanträge wurden immer wieder abgelehnt
„Seit mindestens fünf Jahren tragen wir dieses Vorhaben schon ernsthaft mit uns rum“, sagt Geertje Perlberg, die Pastorin der Johannisgemeinde. Rund 30.000 Euro kostet die Komplettreinigung- und Überprüfung. Fördermittelanträge wurden gestellt und immer wieder abgelehnt.
Die Deutsche Orgelstiftung begründete ihren negativen Bescheid unter anderem damit, dass die Dessauer Eule-Orgel nicht historisch genug sei. Dabei hat sie durchaus schon eine bewegte Geschichte.
Mitten in der Wendezeit wurde sie angeschafft, „bezahlt sowohl mit Ost- und Westgeld“, wie Perlberg erinnert. Die Evangelische Landeskirche Anhalts unterstützt die Komplettreinigung mit 10.000 Euro. Die Dessauer Stadtsparkasse hat spontan 2.500 Euro gespendet. Durch viele Einzelspenden und Rücklagen der Gemeinde ist die Finanzierung fast komplett.
Das Vorhaben sollte nicht länger hinausgezögert werden
Ein paar Tausend Euro müssen noch gesammelt werden. Doch länger wollte man das Vorhaben nicht hinauszögern. Das Reformationsjubiläum steht vor der Tür. Da soll die Orgel in ihren hellsten Klängen ertönen.
Zum anderen hätte es sonst noch länger gedauert, die Maßnahme zu realisieren. „Wir sind froh, dass das Unternehmen diesen Auftrag jetzt durchführen kann. Denn sie haben nicht gerade Däumchen drehend auf uns gewartet“, so die Pastorin. Das Traditionsunternehmen aus Bautzen hat volle Auftragsbücher.
„In Deutschland, ganz Europa und China bauen und reparieren wir Orgeln“, erzählt Friedel. Dessau ist für ihn und seinen Kollegen ein dankbarer Job. Es ist nicht zu fern der Heimat und die Orgel der Johanniskirche eine der leichteren Fälle.
So sind sie optimistisch, dass sie ihr Werk spätestens am 1. Dezember vollendet haben. Im Weihnachtsmonat könnte dann ein Konzert auf der runderneuerten Orgel gespielt werden. (mz)

