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Insolvenz Insolvenz: Bewegung im Fall Pauly Biskuit

Von Steffen Brachert 23.05.2013, 17:52
Leer: der Parkplatz bei Pauly Biskuit
Leer: der Parkplatz bei Pauly Biskuit SEBASTIAN Lizenz

Dessau/MZ - Beim Dessauer Kekshersteller Pauly Biskuit gibt es vorsichtige Hoffnung auf einen Neuanfang: „Wir versuchen den Geschäftsbetrieb so schnell wie möglich wieder hochzufahren“, sagte Rechtsanwalt Tim Gätcke am Mittwoch der MZ. Der Insolvenzverwalter der 1. Dessauer Beteiligungs AG hat dazu die Mietverträge mit der Pauly Biskuit Chocolate mbH & Co KG gekündigt. Diese hatte die verbliebenen 150 Mitarbeiter vorige Woche in einen bezahlten Zwangsurlaub bis Ende Mai geschickt, nachdem zuvor die April-Gehälter nicht bezahlt werden konnten.

Wachschutz organisiert

„Wir haben wieder die Sachherrschaft über das Gelände und die Maschinen“, sagte Gätcke, der zudem einen Wachschutz organisiert hat, „damit da nichts vom Hof verschwindet“. Man verhandele mit einem Käufer. „Ein Interessent hat sich gerade erst das Gelände angeschaut“, sagt der Insolvenz-verwalter aus Celle, ohne einen Namen zu sagen. Im Februar hatte es vier Kaufangebote für den Dessauer Kekshersteller gegeben, ein weiteres war angekündigt.

Die Situation bleibt aber schwierig. „Wir haben ein Schiff ohne Kapitän“, sagte Gätcke. Man stehe zwar in Verbindung mit dem Betriebsleiter und dem Schichtleiter. Man habe aber keine Verfügungsgewalt über die Mitarbeiter, die nach wie vor bei der Pauly Biskuit & Chocolate mbH & Co KG beschäftigt sind. Ein Insolvenzantrag für das Unternehmen liegt nicht vor. Das erklärte das Amtsgericht Dessau auf MZ-Anfrage. Gerüchte, dass der Sitz der Pauly-Produktionsgesellschaft kurzfristig nach Celle verlegt und dort ein Insolvenzantrag gestellt wurde, konnten durch Recherchen nicht bestätigt werden. Im Handelsregister war keine Änderung der Firmenadresse angezeigt. Das Amtsgericht Celle konnte einen Insolvenzantrag ebenfalls nicht bestätigen.

Geschäftsführung nicht zu erreichen

Unklar bleibt der Verbleib der alten Firmenspitze um Geschäftsführerin Constanze Sika, die für die MZ weiter nicht erreichbar ist. Wer bei Pauly Biskuit anrufen will, bekommt die Mitteilung, dass „die Speicherkapazität überschritten wurde“. Auf der Webseite des Beratungsunternehmens IBC Advisors wird Sika als Mandantin zitiert. „Nach vielen Fehlversuchen mit renommierten Unternehmensberatern, die uns viel Geld gekostet, aber kein Ergebnisse brachten, haben wir uns Ende 2011 an die Firma IBC Advisors gewandt. Durch deren kompetente Beratung konnten wir die Gruppe ad hoc restrukturieren und 180 Arbeitsplätze retten“, schreibt Sika. „Seither ist die Pauly-Gruppe wieder erfolgreich am Markt tätig. Wir hätten das schon viel eher tun sollen.“

Zur Erinnerung: Im Frühjahr 2012, kurz vor der Fälligkeit einer Unternehmens-Anleihe in Millionen-Höhe, hatte sich die Pauly Biskuit AG aufgespalten - in eine Besitzgesellschaft (1. Dessauer Beteiligungs AG) und eine Produktionsgesellschaft (Pauly Biskuit Chocolate mbH & Co KG). Kurz darauf meldete die plötzlich nach Celle verlagerte 1. Dessauer Beteiligungs AG Insolvenz an.

Damals war Eric Kratzer im Unternehmen aufgetaucht. Der wurde im März 2012 auch noch als Geschäftsführer von IBC Advisors geführt. Inzwischen existiert auf der Webseite nur noch eine Berliner Telefonnummer, die identisch ist mit der deutschen Außenstelle der IIC SAS, einer französischen Aktiengesellschaft mit Sitz in Haguenau im Elsass, das sich auf Beteiligung an Unternehmen in Schwierigkeiten spezialisiert hat. „Durch Kapital und unsere Kompetenz sind wir in der Lage, Wettbewerbsfähigkeit wieder herzustellen.“

Team mit Pauly-Spitze

Die Firma wurde nach Angaben auf der Webseite 2009 gegründet - von Eric Kratzer. Auf der Webseite der IIC SAS haben Pauly-Mitarbeiter ein Foto entdeckt, das Fragen aufwirft: Es zeigt Kratzer inmitten seines Fünfer-Teams, zu dem Constanze Sika, Pauly-Biskuit-Geschäftsführerin, und Nancy Aumann, langjährige Pauly-Biskuit-Personalchefin, gehören. Wer sucht, findet auf der Seite auch Kratzers Lebensmotto. Es ist ein Zitat von Helmut Schmidt. „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.“