1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Dessau-Roßlau
  6. >
  7. Initiative "Freundliche Toilette": Initiative "Freundliche Toilette": Händlern und Gastronomen helfen bei der Notdurft

Initiative "Freundliche Toilette" Initiative "Freundliche Toilette": Händlern und Gastronomen helfen bei der Notdurft

Von Heidi Thiemann 21.11.2018, 06:00
Ute Solarczyk und Jörg schnurre hoffen, dass viele Betriebe mitmachen bei der Aktion „Freundliche Toilette“.
Ute Solarczyk und Jörg schnurre hoffen, dass viele Betriebe mitmachen bei der Aktion „Freundliche Toilette“. Thomas Ruttke

Dessau-Roßlau - Wohin, wenn die Blase drückt und man in der Stadt unterwegs ist? „Gute Frage“, sagt Ute Solarczyk und weiß, dass manch Dessau-Roßlauer oder Tourist Not mit der Notdurft hat. In Dessau gibt es nur eine einzige öffentliche Toilette.

„Dabei gibt es etliche Möglichkeiten mehr, wo man hingehen kann. Nur kennt die oft keiner“, sagt die 59-Jährige. Die Frau von Pro Dessau-Roßlau aus dem Stadtbezirksbeirat Mitte, Süd will das ändern und sucht nach Gastronomen und Händlern, die sich der Initiative „Freundliche Toilette“ anschließen.

Dahinter verbirgt sich eine Idee aus Einbeck in Niedersachsen. „Bei allen teilnehmenden Betrieben dürfen die Leute auch als Nicht-Kunde gerne und kostenlos das WC aufsuchen“, weiß sie.

In der 27.000 -Einwohner-Stadt „wurde die Aktion bereits 2010 gemeinsam mit dem Einbecker Seniorenrat initiiert“, sagt Freya Pietsch von der Einbeck Marketing Gesellschaft. „In diesem Jahr haben wir die Flyer und die Aufkleber für die Initiative neu aufgelegt.“

Gegenwärtig bieten 20 Betriebe die Toilettennutzung an – fast alle kostenlos

Gegenwärtig beteiligen sich daran in der Bier- und Fachwerkstatt 20 Betriebe. Gastronomen und Hotels sind darunter, Geldinstitute, Friseur, Bibliothek, Museum, Kirchgemeinde und Supermarkt. Bis auf ein Toilettenangebot sind alle kostenlos. Wo die Einrichtungen zu finden sind, wann sie geöffnet haben und ob es dort eine Wickelmöglichkeit gibt oder ob die Toilette behindertengerecht ist: Alle Angaben finden sich auf dem Flyer samt Stadtplan. Auszumachen sind alle Teilnehmer dann vor Ort durch den Aufkleber der „Freundlichen Toilette“.

Genau das könnte so auch in Dessau-Roßlau funktionieren, stellt sich Solarczyk vor und sucht jetzt Verbündete, damit die Initiative auch in der Doppelstadt zum Zuge kommt. „Es geht dabei nicht nur um die Dessauer Innenstadt, sondern um die ganze Stadt“, erklärt die 59-Jährige.

In Jörg Schnurre von der „Pinken Möhre“ in der Zerbster Straße hat sie den ersten Mitstreiter gefunden. Das Café „Pinke Möhre“ gibt es seit September. Vor kurzem beim Citylauf, erzählt Schnurre, kamen mehrere Leute, die mal eben schnell auf’s stille Örtchen verschwinden wollten. Er hat damit kein Problem, auch wenn die Leute bei ihm keine Suppe löffeln.

Wer sich beteiligen will, kann sich in der „Pinken Möhre“ melden

„In der Muldstraße gibt es die einzige öffentliche Toilette“, sagt er. Das sei zu wenig. Wenn aber Gastronomen oder andere Einrichtungen ihr stilles Örtchen für den Notfall zur Verfügung stellen, sei das ein Stück weit kundenorientiert. „Vielleicht bekommt ein Gastronom dadurch auch Kunden, die er sonst nicht hätte“, sagt er.

Solarczyk und Schnurre hoffen, dass viele Betriebe mitmachen. Wer sich beteiligen will, kann sich in der „Pinken Möhre“ melden. Vielleicht, so die Stadtbezirksrätin, ist auch die Stadtmarketinggesellschaft mit im Boot. Im Frühjahr wollen die Initiatoren gerne Nägel mit Köpfen machen. Wo Toiletten in Dessau-Roßlau genutzt werden können, solle auch auf Google Maps abrufbar sein, sagt Schnurre. Denn viele Leute suchen auch gezielt mit dem Handy danach. Für die Doppelstadt gibt es aber bislang nur einen Eintrag.

In Einbeck kommt die Initiative jedenfalls gut an, weiß Pietsch. „Sie nimmt auch eine Hemmschwelle“, berichtet sie. „Denn oftmals ist in den Köpfen drin, dass Leute etwas kaufen oder konsumieren müssen, damit sie die Toilette nutzen können. Dieser Zwang besteht hier nicht.“ Und das hilft unter Umständen auch, dass die Menschen länger in der Stadt verweilen, weil sie nicht schnell nach Hause müssen, wenn die Blase drückt. (mz)