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Im «Rettungsring» arbeiten Bedürftige für Bedürftige

Von SYLKE KAUFHOLD 04.03.2010, 18:50

DESSAU/MZ. - Die werden gewaschen, gebügelt und aufbereitet für die Weitergabe an caritative Einrichtungen wie das DRK oder den Caritasverband. Während sich

im Keller unermüdlich die Trommeln der Waschmaschinen drehen, stehen eine Etage höher Heide Richter und Jana Hinsche am Bügelbrett, um die Sachen in Form zu bringen. Seit November ist Heide Richter in dieser Weiterbildungsmaßnahme der Fortbildungsakademie der Wirtschaft (FAW) für Langzeitarbeitslose tätig. Für elf Monate hat die junge Frau hier eine Beschäftigung, "die ihr Spaß macht", wie sie erzählt, und mit der sie auf den Wiedereinstieg ins Berufsleben vorbereitet werden soll. Nicole Trauzettel ist eine von sieben Näherinnen und hat hier ihre kreative Ader entdeckt. Den Umgang mit Nadel und Faden beherrschte die gelernte Hauswirtschafterin schon. "Andere Frauen erlernen hier die Grundkenntnisse im Nähen", weist Anne Maack, eine der vier Projektmitarbeiterinnen der FAW, auf den praxisbezogenen Schulungsteil dieser Maßnahme hin.

30 langzeitarbeitslose Männer und Frauen sind im "Sozialladen Rettungsring", wie sie ihn genannt haben, beschäftigt. Ihre Aufgabe: Spenden der Bürger, ob Kleidung, Fahrräder, Möbel, Elektrogeräte für die Weitergabe aufarbeiten. Dazu arbeiten sie in verschiedenen Werkstätten und erlernen die notwendigen Fertigkeiten. "Wir versuchen, jeden entsprechend seiner Interessen und Fähigkeiten einzusetzen", berichtet Projektmitarbeiterin Birgit Janßen. Das sei nicht immer einfach, denn viele seien seit Jahren arbeitslos und die Kenntnisse der einstigen Berufstätigkeit oder Ausbildung verschüttet. "Es sind Menschen in schwierigen Lebenssituationen, denen wir hier Halt und Hoffnung geben wollen." Alle trügen eine große Bürde an Problemen mit sich, viele seien psychisch krank, andere alkoholkrank, hoch verschuldet, ohne festen Wohnsitz oder mit familiären Sorgen. "Wir sind auch da, um in diesen Fragen zu helfen oder Hilfe zu vermitteln", sehen Birgit Janßen und Anne Maack ihre Aufgabe.

Das große Ziel freilich, die Vermittlung auf den ersten Arbeitsmarkt, sei ein schwieriges Unterfangen. "Viele haben Defizite, die wir erstmal nach und nach abbauen müssen, ehe wir uns um Praktikumsplätze oder Bewerbungsschreiben kümmern können", schätzen die Projektmitarbeiterinnen kritisch ein. Deshalb gehört ein Schulungsprogramm zum Inhalt der Maßnahme. Hier stehen Computerschulungen, Deutsch und Mathe, Wirtschafts- und Sozialrecht ebenso auf dem Plan wie Farb- und Stilberatung und ein Persönlichkeitstraining. "Viele haben keine Hoffnung mehr, jemals wieder Arbeit zu bekommen, haben weder Lebensfreude noch Selbstbewusstsein", erzählt Anne Maack. "Wir versuchen ihnen Mut zu machen und sie zu bestärken, indem wir das, was sie machen, anerkennen und auch loben."

Drei Jahre wird der "Sozialladen" über mehrere Förderprogramme finanziert. Dann hoffen die Projektmitarbeiter eine Möglichkeit gefunden zu haben, das Projekt weiterzuführen. "Wir streben einen Ladencharakter an, der sich selbst trägt", blicken Janßen und Maack in die Zukunft.

Spenden werden Montag bis Freitag von 8 bis 12 Uhr entgegen genommen oder nach Absprache kostenlos abgeholt. Telefonische Vereinbarungen unter der Rufnummer 0340 / 21 69 17 18 erbeten.