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Flaute an der Hobelbank Holz wird knapp und teurer - Handwerker und Kunden bekommen auch in Dessau die Folgen zu spüren

Von Oliver Müller-Lorey 23.06.2021, 13:44
Marvin Grahneis an der Säge in der Tischlerei Körting. Der Betrieb braucht - wie viele andere auch - dringend Nachschub.
Marvin Grahneis an der Säge in der Tischlerei Körting. Der Betrieb braucht - wie viele andere auch - dringend Nachschub. (Foto:Thomas Ruttke)

Dessau - Im Holzlager der Tischlerei Körting im Süden Dessaus duftet es nach Holz. Dicke Bretter, noch mit Rinde an der Seite und nicht abgekantet, liegen auf Klötzchen und in den Regalen, bereit, einmal ein Schrank, eine Pergola oder ein Treppengeländer zu werden. Doch allzu voll ist das Lager nicht. Buche und europäische Lärche ist noch da, bei der sibirischen Lärche und anderen Sorten sieht es schlechter aus. Die Holzknappheit, die derzeit in ganz Deutschland herrscht, hat auch hier, im Handwerksbetrieb von 1933, hart eingeschlagen.

„Es ist extrem schwer, an bestimmt Hölzer zu kommen. Sibirische Lärche gibt es gerade so gut wie gar nicht. Aber es fehlt auch an Furnieren, an Platten, selbst Beschläge und Glas für Fenster ist schwer zu bekommen“, berichtet Geschäftsführer Marvin Grahneis, der auch selbst noch an der Säge steht.

Anrufe bei Großhändlern enden derzeit meist ernüchternd

Anrufe bei den Großhändlern, von denen der alteingesessene Handwerksbetrieb seine Rohmaterialien bisher problemlos bezog, sind seit einigen Wochen meist ernüchternd. „Früher konnte man montags anrufen und am Mittwoch war die Ware da“, sagt Grahneis. Vorbei sind die Zeiten. Hinzu kommt, dass die Hölzer, die noch zu kriegen sind, deutlich teurer wurden. Rund 75 Prozent, schätzt der Tischler, schnellten die Preise im Vergleich zur Zeit vor der Knappheit in die Höhe.

Bei der zuständigen Handwerkskammer Halle-Dessau ist man alarmiert. „Handwerker aus den Gewerken Zimmerer, Maurer und Betonbauer, Dachdecker, Fliesen-Plattenmosaikleger und Tischler kamen auf die Kammer zu und informierten, dass es in verschiedenen Bereichen zu Materialknappheit kommt“, sagt Sprecher Jens Schumann. Zunächst seien nur Bauholz, Dachlatten und Dämmung knapp geworden, später auch andere Waren.

Zwei Gründe sind ausgemacht: Es wird mehr gebaut und gutes Holz wird immer knapper

Aus Sicht der Kammer sind mehrere Gründe für den Engpass verantwortlich. Zunächst werde derzeit viel gebaut in Deutschland, im Kammerbezirk meldeten 45 Prozent der Betriebe eine gute Auftragslage. Allein im März dieses Jahres wurden deutschlandweit sieben Prozent mehr Baugenehmigungen erteilt. Auch in anderen Ländern wird kräftig gebaut. „Die Baukonjunktur wird über Investprogramme als Mittel des ökonomischen Neustarts angekurbelt. So zahlt der US-Markt bis zu 60 Prozent mehr für Bauholz“, rechnet Schumann vor. Händler seien bereit, hohe Preise für große Mengen zu bezahlen. Auf der anderen Seite werde gutes Holz knapper. Durch Brände, Trockenheit und den Borkenkäfer wurden Millionen von Bäumen als Bauholz unbrauchbar.

Für Betriebe wie die Tischlerei Körting können die Folgen gravierend sein, sollte sich die Situation nicht bald verbessern, warnt Britta Grahneis, Mutter von Marvin und ebenfalls Geschäftsführerin. „Es bahnt sich an, dass unsere 15 Mitarbeiter keine Arbeit haben, wenn es kein neues Material gibt.“ Schon jetzt gebe es an der ein oder anderen Werkbank Leerlauf-Zeiten.

Geschäftsführerin Britta Grahneis sorgt sich um die Mitarbeiter.
Geschäftsführerin Britta Grahneis sorgt sich um die Mitarbeiter.
(Foto: Ruttke)

Auch für die Kunden wirkt sich die Materialknappheit negativ aus, sagt Marvin Grahneis. So sei die sibirische Lärche, die als widerstandsfähiger und haltbarer als ihr europäisches Pendant gilt, nicht zu bekommen. Kunden müssten auf das europäische Holz ausweichen, das dann auch noch teurer ist.

Mit ihrem Vorrat im Holzlager kommt die Tischlerei noch einige Zeit über die Runden. In weiser Voraussicht hatte sich der Geschäftsführer einen ganzen Schwung MDF-Platten, sogenannte Mitteldichte Holzfaserplatten, gesichert. Sie sind derzeit besonders rar. Er wisse von einigen Händlern, die begehrte Materialien ebenfalls bunkern würden. „Besser haben als brauchen“, scheint das Motto zu sein, das an die menschgemachte Toilettenpapier-Knappheit mit Ausbreitung des Coronavirus erinnert. Doch auch die ging wieder vorbei. (mz)

Im Lager ist noch Holz vorhanden, aber nicht mehr alle Sorten.
Im Lager ist noch Holz vorhanden, aber nicht mehr alle Sorten.
(Foto: Ruttke)