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Hochlied auf Komponisten

Von Ilka Hillger 14.01.2008, 18:15

Halle/MZ. - Solisten, Chor, Dirigent und das Regieteam verbeugen sich, Regisseur Johannes Felsenstein schickt von der Bühne ein Winken nach oben.

Wen grüßt er da? Die Parkettzuschauer wenden sich und sehen ein Transparent, das über den Balkon entfaltet ist. "Viva Verdi" verkündet es und genauso lauten Rufe, die sich in den Applaus mischen. "Es lebe Verdi" - so stimmen vor allem die Fans des Komponisten in Italien, seinem Heimatland, an, und so klingt es auch weltweit, wenn sich die Anhänger des Meisters der Noten auf die Reise machen und seine Stücke auf Opernbühne rund um den Globus sehen.

"Viva Verdi" - so nennt sich auch eine Gesellschaft von Verdi-Freunden aus neun Nationen, und eben diese ist es auch, die ihre Begeisterung im Dessauer Theater so hör- und sehbar kundtut.

Nicht zum ersten Mal übrigens. "Ich habe gar nicht mitgezählt, wie oft wir schon in Dessau waren", erzählt Präsidentin Ursula Riccio vor der Premiere im Theaterrestaurant. "Macbeth" ist für sie und den Rest der Reisegruppe gewissermaßen der krönende Abschluss eines Dessau-Wochenendes, bei dem es trotz zahlreicher Besuche doch wieder Neues zu entdecken gab. Das Palais Dietrich, die Meisterhäuser und das Technikmuseum zählt sie auf. "Wir kommen immer wieder gerne nach Dessau", versichert Ursula Riccio und lobt gleichermaßen das Theater als eine Bühne, auf der man "Verdi wiedererkennt", als auch die Freundlichkeit der Dessauer.

Gleich nach der Wende führte eine Theaterreise die Verdi-Freunde, die es seit 1986 gibt, in die Stadt. "Es ist schön zu sehen, wie sich hier in Dessau im Laufe der Jahre alles entwickelt hat", findet die Präsidentin des Freundeskreises, die sich noch gut erinnert, wie man am Anfang privat übernachtete und Taxis Mangelware waren. Solche Widrigkeiten waren den Verdi-Fans freilich immer egal, wenn nur die Oper gut war. In Dessau war sie es, und deshalb kommt man immer wieder, selbst wenn sich die weit gereisten Opernfreunde mehrheitlich Aufführungen in der Originalsprache wünschen, die es am Anhaltischen Theater indes nicht gibt.

Zehn bis zwölf Reisen zu Zielen in ganz Europa organisieren Ursula Riccio und ihr italienischer Ehemann Antonio pro Jahr. Gut 20 der 500 Viva-Verdi-Mitglieder seien dann jedes Mal dabei, wenn der Bus zu neuen Opernerlebnissen startet. Das geschieht zudem nicht ohne Hintergrund. Bei Viva Verdi sieht man Oper für den guten Zweck, denn seit mehr als 20 Jahren unterstützt der Freundeskreis die Mailänder "Casa Verdi" mit jährlich 10 000 Euro.

Die "Casa Verdi" ist ein Altenheim für Musiker und Sänger, das der Komponist selbst in den letzten Jahren seines Lebens gründete und das lange von den Tantiemen seiner Werke lebte, inzwischen aber gänzlich auf Spenden angewiesen ist. Viva Verdi sorgte bislang u. a. schon für neue Tischwäsche, Besteck und Geschirr. "Eben alles, was die Bewohner so brauchen." Gespendet wird zudem mit Witz: Was während der Busfahrten konsumiert und von Ursula Riccio und ihren Freundinnen serviert wird - ein Paar Wiener heißen "I due foscari" und der Kaffee "Othello" - wird mit der eigenen Währung - dem Verdini - bezahlt und kommt in den Spendentopf. "Wir unternehmen unsere Reisen im Prinzip, um die Geschenke für das Altenheim zu finanzieren", sagt Präsidentin Riccio. Und ein wenig sehe man sich da schließlich in der Tradition des Komponisten, denn Giuseppe Verdi war ein "Mensch, der so viel Gutes getan hat". Wie kein anderer Komponist löse er bei ihr Emotionen aus, so Ursula Riccio. "Verdi motiviert mich, das alles zu machen." Ein wenig hadert sie deshalb auch mit dem Dessauer Spielplan: "Macebth" war Johannes Felsensteins letzte Verdi-Inszenierung unter seiner Intendanz, was noch folgt sind von seiner Hand Wagner und Strauss. "Ich hätte mir gewünscht, dass er mit Verdi aufhört, jenem Komponisten, der ihm doch so viel bedeutet", findet Riccio. Und jenem Komponisten, für dessen Musik vielen Menschen kein Weg zu weit scheint.