Historisches Dessau Historisches Dessau: Veröffentlichungen wagen einen Blick zurück

Dessau - Niemand hatte offiziell das Himmelfahrtskommando unterstützen wollen, zu dem drei Herren im März 1928 aufgebrochen waren. Den Atlantik mit einem Flugzeug nonstop in Ost-West-Richtung zu überqueren, galt als Ding der Unmöglichkeit.
Junkers W33 Bremen soll den Atlantik nonstop überqueren
So schildert es Winfried Heinze im gerade veröffentlichten „Dessauer Kalender 2018“. Sein Text über den Flug der Junkers W33 „Bremen“ bietet spannende Unterhaltung und kuriose Fakten, wie zum Beispiel ein Flugzeug nach dem eigenen Schatten auf Kurs gehalten werden kann oder die öffentliche Stimmung nach der glücklichen Bruchlandung in Kanada umschlug: Aus den anfänglich drei verantwortungslosen Abenteurern waren plötzlich Helden geworden.
„Dessauer Kalender“ ist in seiner 62. Auflage erschienen
Der „Dessauer Kalender“, herausgegeben vom Stadtarchiv, in seiner nunmehr 62. Auflage, wurde am Montagabend öffentlich vorgestellt. Bestsellerautoren könnten in Dessau schwerlich mehr Publikum ziehen - etwa 100 Gäste waren in das Stadtarchiv gekommen.
Die Gäste erlebten dort den Auftritt gleich zweier Ex-OB: sowohl Klemens Koschig als auch Hans-Georg Otto haben anlässlich der Fusion von Dessau und Roßlau im Jahr 2007 Beiträge für den „Dessauer Kalender“ geschrieben: Koschig elf, Otto zwei Seiten. Beide ziehen Bilanz, die kürzere fällt nüchtern aus, die längere entbehrt nicht einer gewissen Bitterkeit, die sich ausschließlich aus der Diskussion um die Änderung des Stadtnamens zu speisen scheint.
Pharmaproduktion in den Rodlebener Hydrierwerken ist ein Thema
Die übrigen Beiträge behandeln teils viel weiter zurückliegende Ereignisse. Einige machen zurecht einen wissenschaftlichen Anspruch geltend, wie der posthum erschiene dritte Teil einer Arbeit von Barbara Czerannowski über so genannte Sattelhöfe, deren Besitzer einst von Frondiensten befreit und als Gegenleistung Reiter für den Krieg stellen mussten.
Andere Beiträge speisen sich wesentlich aus dem Erleben der Autoren, etwa die zur Geschichte des Impfstoffwerks, der Pharmaproduktion in den Rodlebener Hydrierwerken, das Institut für Landschaftsforschung oder den Schriftsteller Wolfgang Widdel.
Geschichte vom „Kreuz in Eisen Dessau“
Die Geschichte eines „ernsten Denkmal einer großen Zeit“ - so die zeitgenössische Formulierung im Jahre 1915 – erzählen Gerd Scharfenberg und Karl-Heinz Meyer. Es geht um das „Kreuz in Eisen Dessau“, das tatsächlich aus Holz bestand und in das Spendennägel eingeschlagen werden konnten.
Der Erlös aus dem Nagelverkauf sollte Kriegsrückkehrern mit „fehlenden Arm oder zerschossenem Bein“ zugute kommen, doch war die Aktion wohl vor allem dazu gedacht, die eigene patriotische Gesinnung öffentlich kundzutun.
Für (lokal)-historisch Interessierte dürften die Jubiläums-Übersicht 2018 aufschlussreich sein, die bis in die jüngere Vergangenheit zurückführt.
Ulla Jablonowski widmet sich in einem Buch der Sandvorstadt
Eine Ergänzung hat das legendäre „Häuserbuch der Stadt Dessau“ Franz Brückners mit einer weiteren Publikation des Stadtarchivs erfahren. Dessen einstige Leiterin Ulla Jablonowski widmet sich darin der Sandvorstadt im 16. Jahrhundert.
Die sich heute ungefähr entlang des Straßenzuges zwischen Museum und Steinstraße sowie in deren Verlängerung bis zur Mulde beschreiben lässt. Brückner war dort zwar auch schon unterwegs, ohne auf die historischen Unterlagen zurückgreifen zu können, die nun Jablonowski akribisch ausgewertet hat, um das Bild einer armen und marginalisierten Gesellschaft zu zeichnen.
Die Publikationen sind unter anderem im Stadtarchiv, Heidestraße 21 (Neuer Wasserturm), erhältlich. (mz)

