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Hausverbot für "Feine Sahne" Hausverbot für "Feine Sahne Fischfilet": "Frag den Staat" erklagt Bauhaus-Schreiben ans ZDF

Von Daniel Salpius 16.07.2019, 11:32
Die Band Feine Sahne Fischfilet und ihr Sänger Jan „Monchi“ Gorkow im November 2018 in der Brauerei.
Die Band Feine Sahne Fischfilet und ihr Sänger Jan „Monchi“ Gorkow im November 2018 in der Brauerei. Ruttke

Dessau - Es ist ein Erfolg für die Informationsfreiheit, wenn auch ein später. Auf Betreiben der Onlineplattform „Frag den Staat“ musste die Stiftung Bauhaus Dessau in der vergangenen Woche jenes Schreiben herausgeben, mit dem sie das ZDF im Oktober 2018 dazu aufgefordert hatte, das geplante Feine Sahne Fischfilet Konzert der Reihe zdf@bauhaus abzusagen. Das Dokument ist nun öffentlich.

Der harsche Tonfall des Schreibens überrascht

Was daran vor allem überrascht, ist der harsche Tonfall des Schreibens. „Wir erwarten, dass Sie das Konzert unverzüglich absagen und die Information der Öffentlichkeit zuvor mit uns abstimmen sowie deutlich darauf hinweisen, dass die Stiftung Bauhaus Dessau nicht in die Programmplanung der Konzertreihe eingebunden ist und damit keine Vorabinformation über das Booking von Feine Sahne Fischfilet hatte.“

Bereits mit dem ersten Satz des Schreibens, das den Briefkopf von Bauhaus-Direktorin Claudia Perren trägt, verweist die Stiftung auf ihr Hausrecht. An anderer Stelle heißt es: „Sicherlich ist Ihnen nicht entgangen, dass sich rechte Gruppierungen gegen den Auftritt der Band [...] im Bauhaus Dessau bereits mobilisieren.“ Dazu: „Politisch extreme Positionen, ob von rechts oder links, finden im Bauhaus Dessau keine Plattform.“

Das faktische Auftrittsverbot für die linke Punkband hatte bundesweit für scharfe Kritik aus Politik und Gesellschaft gesorgt. Das ZDF hatte das Konzert nach der Absage durch die Stiftung etwas später in der Dessauer Schultheiss-Brauerei aufgezeichnet. Dem Auftritt von Feine Sahne Fischfilet gingen dann mehrere Demonstrationen im Dessauer Stadtgebiet unmittelbar voraus.

Landesbeauftragter für Datenschutz hat den Informationsanspruch nun durchgesetzt

Die Herausgabe des Absageschreibens hat Arne Semsrott durchgesetzt. Er ist Projektleiter von „Frag den Staat“. Die gemeinnützige Plattform mit Sitz in Berlin hilft Bürgern, ihr Recht auf Informationen gegenüber staatlichen Einrichtungen geltend zu machen.

Im vorliegenden Fall hatte allerdings Semsrott selbst die Stiftung Bauhaus zur Herausgabe des Schreibens aufgefordert - und zwar bereits einen Tag nach der Absage am 17. Oktober 2018. Sein Interesse am Vorgang begründete Semsrott am Freitag gegenüber der MZ so: „Ich fand es einfach kurios, dass nach der langen Zusammenarbeit zwischen ZDF und Bauhaus so etwas passiert.“

Semsrott hatte seine Anfrage unter anderem auf das Informationszugangsgesetz (IZG) des Landes Sachsen-Anhalt gestützt. Dem Bauhaus Dessau setzte er eine Frist von einem Monat. Seither sind neun Monate vergangen. „Die Stiftung hat sich ewig nicht zurückgemeldet“, sagte Semsrott. „Ich musste erst den Landesbeauftragten für Datenschutz einschalten.“ Dieser hat den Informationsanspruch von „Frag den Staat“ nun durchgesetzt.

Der Sender ist mit seiner Konzertreihe inzwischen in die Bauhausstadt Weimar weitergezogen

„Es ist leider nicht mehr ganz so aktuell jetzt“, so Semsrott. Auch ihn habe jedoch der Tonfall des Schreibens überrascht. „Allerdings kann ich jetzt besser verstehen, warum das ZDF die Zusammenarbeit mit dem Bauhaus Dessau aufgekündigt hat.“

Der Sender ist mit seiner Konzertreihe inzwischen in die Bauhausstadt Weimar weitergezogen. Die erste Aufzeichnung am neuen Ort fand vergangenen Donnerstag mit der österreichischen Band Wanda statt.

Semsrott ist zufrieden, dass ihm die Stiftung letztlich doch Auskunft erteilen musste: „Damit ist klar, dass auch das Bauhaus unter das IZG fällt. Mal sehen, was wir da noch so alles raus bekommen können“, gibt sich der Netzaktivist angriffslustig.

Arne Semsrott ist nicht der einzige politisch Umtriebige in seiner Familie. Sein Bruder Nico Semsrott hat es als Kabarettist weit gebracht. Unter anderem tritt er regelmäßig in der ZDF-Satiresendung „Heute-Show“ auf. Markenzeichen: schwarzer Kapuzenpullover und langsame Aussprache. Für die Satirepartei „Die Partei“ ist er zudem im Mai mit Martin Sonneborn ins Europäische Parlament eingezogen. (mz)

Der Ausriss des Absageschreibens der Stiftung Bauhaus an das ZDF.
Der Ausriss des Absageschreibens der Stiftung Bauhaus an das ZDF.
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