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Hafen ein Jahr stillgelegt? Hafen in Roßlau ein Jahr stillgelegt?: Frust bei Firmen - Rangierbetrieb soll eingestellt werden

Von Silvia Bürkmann 20.06.2018, 09:41
Hier liegt der von Schrott Wetzel aufbereitete Schrott fertig zum Abtransport in die Walzwerke.
Hier liegt der von Schrott Wetzel aufbereitete Schrott fertig zum Abtransport in die Walzwerke. Lutz Sebastian

Roßlau - In schweres Fahrwasser drohen die Ansiedler im Industriehafen Roßlau im Zuge des Hafenausbaus zu geraten. „Der Industriehafen Roßlau (IHR) soll 2019 für ein Jahr schließen.“ Mit dieser Schreckensbotschaft wandte sich die Schrott Wetzel GmbH an die MZ. „Rangierbetrieb und Hafenumschlagbetrieb sollen voraussichtlich vom 1. Januar bis 31. Dezember 2019 eingestellt werden.

Das hat IHR-Geschäftsführer Gunto Mörer erst persönlich und schließlich schriftlich mitgeteilt“, so Fred Hofmann. Der Roßlauer Betriebsleiter von Schrott-Wetzel ist fassungslos: „Im Vorfeld wurde uns ein Weiterbetrieb der Rangierleistungen während des Hafenumbaus zugesichert.“

Die Roßlauer Niederlassung des in Mannheim beheimateten Unternehmens zur Schrottaufbereitung ist zum Großteil auf die Waggons und Schiene angewiesen. 24 Mitarbeiter und ein Auszubildender bereiten monatlich rund 6.000 Tonnen Schrott verschiedener Qualitäten zu fertigem Schrott für die Walzwerke auf. Davon werden zwei Drittel (rund 4.000 Tonnen) in Waggons bereitgestellt, ein Drittel über Speditionen und auf der Straße.

„Wenn monatlich etwa 60 Waggons ausfallen, sind das im Monat 120 Lkw-Ladungen zusätzlich auf der Straße“

Zu vernachlässigen ist der Wasserweg; entscheidend sind die Waggonladungen. Fallen die weg, spricht Hofmann von Existenzbedrohung und Gefährdung von Arbeitsplätzen. Das ist verrückt: Das Geschäft nämlich brummt und Wetzels große Schrottschere schneidet im Akkord. Noch bringt die Bahn Ganzzüge zur Waggonübergabestelle, wo die Rangierlok übernimmt und die Fracht auf einspurigem Gleis in den Hafen holt.

Als einzige Alternative bleibt bei Einstellung des Rangierbetriebes die „Umfrachtung“ auf die Straße. „Wenn monatlich etwa 60 Waggons ausfallen, sind das im Monat 120 Lkw-Ladungen zusätzlich auf der Straße“, schätzt Hofmann. Neben der Suche nach Speditionen und Absprachen mit den Lieferanten und Partnern rückt der Zeitfaktor für die neuen Verträge in den Fokus. Es müssedann ganz zügig gehen.

Um den Hafen aber ist es verdächtig ruhig geworden. Dort steht inzwischen der dritte Bauabschnitt bei der Modernisierung der Infrastruktur an. Es ist der größte Brocken: mit dem Ersatzneubau einer Kaimauer, dem Neubau zweier Gleise und einer Gleiswaage sowie der Erneuerung des Gleisbogens in der so genannten Geltinger-Kurve beim hier ansässigen Agrarhändler. Das ambitionierte Vorhaben, für das die Stadt Dessau-Roßlau 10,5 Millionen Euro in die Hand nimmt, gilt als größtes Infrastrukturprojekt in der Stadt. „Aber es tut sich nichts, die Hafenansiedler sind jetzt nur ein Spielball “, glaubt Hofmann.

Direkt betroffen von der Einstellung des Umschlagbetriebes ist auch der Industriehafen selbst

Als zweiter Ansiedler betroffen ist Agrarhandel Geltinger. Hier werden jährlich rund 15.000 Tonnen Getreide, Dünger oder Sojaschrot aus 15 Ganzzügen umgeschlagen. „Das sind zehn Prozent vom Gesamtumschlag. Wir sind nicht ganz so hart betroffen wie Schrott Wetzel“, sagt Firmenchef Josef Geltinger, dass 85 Prozent per Lkw und nur fünf Prozent über Kai und Schiff umgeschlagen werden. In dieser Woche erwartet der Agrarhändler noch vier Züge mit Dünger.

Direkt betroffen von der Einstellung des Umschlagbetriebes ist auch der Industriehafen selbst. Die sechs Mitarbeiter sollen 2019 in anderen Häfen im Hafenverbund sächsische Binnenhäfen Oberelbe (SBO) eingesetzt, die Rangierlok für diesen Zeit an die SBO GmbH zurückgegeben werden. Das bestätigte Tobias Hartmann, Eisenbahnbetriebsleiter im Industriehafen.

Die Stadt kennt die SBO-Entscheidung zur Stilllegung des Hafenbetriebes und trägt sie mit

Für den von der Pike auf gelernten Eisenbahner führt kein Weg vorbei an der grundhaften Sanierung des Schienenstranges. „Als ich im Juni 2017 im Hafen angefangen habe, war ich erschrocken: Es gibt hier keinen Meter heiles Gleis mehr. Mit Notreparaturen kommen wir noch über das Jahr. Aber dann muss schnellstens gebaut werden.“

Die Stadt kennt die SBO-Entscheidung zur Stilllegung des Hafenbetriebes, war eingebunden und trägt die Entscheidung mit. Das sagte Stadtsprecher Carsten Sauer nach Rücksprache mit dem Beigeordneten für Wirtschaft und Kultur Robert Reck. Technische und betriebswirtschaftliche Vor- und Nachteile seien abgewogen worden. Die Entscheidung sei im Interesse eines zügigen Bauablaufs gefallen. (mz)

Fred Hofmann, Betriebsleiter in Roßlau von Schrott Wetzel.
Fred Hofmann, Betriebsleiter in Roßlau von Schrott Wetzel.
Lutz Sebastian
Aktuell führt nur ein Gleis über den Roßlauer Hafenkai.
Aktuell führt nur ein Gleis über den Roßlauer Hafenkai.
Lutz Sebastian