Grundgebühr für leere Wohnung?
Roßlau/MZ. - Dass diese Logik allerdings auf die Grundgebühr für die Abwasserentsorgung nicht zutrifft, das beklagt Britta Flemming aus Roßlau schon seit 2001. Damals stand die erste Wohnung ihres Mehrfamilienhauses leer. Heute wohnt in drei der vier Wohnungen keiner mehr. "Und trotzdem müssen wir Monat für Monat für jede leer stehende Wohnung an die Rowa 8,18 Euro Abwassergrundgebühr zahlen, obwohl daraus kein einziger Liter eingeleitet wird", versteht Frau Flemming die Welt nicht mehr. Ihre Bemühungen, diese ihrer Meinung nach ungerechtfertigten Zahlungen abzuwenden, waren bisher vergeblich.
Laut Satzung falle der Grundpreis "unabhängig von der Nutzung einer Wohnung" an, und zwar für die
Vorhaltung der Entwässerungskapazität, bestätigt die Geschäftsführerin der Trinkwasserver- und Abwasserentsorgungsgesellschaft Roßlau (Rowa), Margit Ebert. Damit würden anteilig Instandhaltung, Reparaturdienst, Abschreibungen und Kapitaldienst bezahlt. Wie Margit Ebert informiert, wurde die Roßlauer Entsorgungssatzung schon im Oktober 1998 beschlossen und sei von der Kommunalaufsicht beim damaligen Regierungspräsidium überprüft worden. "Im Auftrag des Aufsichtsrates haben wir auch andere Regelungen zur Grundgebühr untersucht", teilt die Geschäftsführerin mit. "Ob aber eine Grundgebühr je Wohneinheit, entsprechend der Zählergröße oder - wie in Zerbst - abhängig vom Verbrauch erhoben wird, irgendje mand wird immer benachteiligt", schätzt sie ein und erklärt: "Unsere Regelung zur Abwassergrundgebühr ist allgemein gängige Praxis." Stehe aber ein Haus völlig leer, so könne es auf Antrag durch Ausbau der Zähler von der Abwasserentsorgung ausgeschlossen werden, nennt sie eine Möglichkeit, die Grundgebühr abzuwenden. Diese Möglichkeit bestehe auch, wenn ein Sachverständiger bescheinige, dass eine Wohnung wegen baulicher Mängel unbewohnbar, also nicht nutzbar, ist.
Günter Schuckert, Vorsitzender des Vereins "Haus & Grund Anhalt-Zerbst" und stellvertretender Landesvorsitzender, kennt das Problem nur allzu gut, müssen doch zahlreiche Vereinsmitglieder für leer stehende Wohnungen Abwassergrundgebühren bezahlen. Es gebe in Sachsen-Anhalt nahezu so viele unterschiedliche Regelungen zur Abwassergrundgebühr wie Abwasser-Zweckverbände, informiert Schuckert. "Jede Grundgebühr ist ungerecht", lautet seine Meinung, "und die in Roßlau besonders, da sie relativ hoch ist und auf die einzelne Wohnung bezogen wird", führt er aus.
Doch auch mit der mengenbezogenen Regelung beim Abwasserzweckverband Elbe-Fläming (unter anderem im ehemaligen Rosseltal und in Zerbst) ist der Vereinsvorsitzende nicht einverstanden. Hier fallen bei einem Verbrauch von 0 bis 10 Kubikmetern im Jahr (also auch bei Leerstand) 5,40 Euro monatlich pro Wohnung an, bis 130 Kubikmeter sind es monatlich 10,80 Euro. "Diese Sprünge sind viel zu hoch, da zahlt eine allein stehende Seniorin so viel wie eine vierköpfige Familie", weiß Schuckert aus Erfahrung.
"Wir brauchen eigentlich überhaupt keine Grundgebühr", spricht sich Schuckert dafür aus, die Gebühren allein über die verbrauchte Wassermenge zu berechnen. Aus politischen Gründen wolle man den Kubikmeterpreis für Abwasser aber möglichst gering halten. "Abwassergrundgebühren sind deshalb für mich politisch gewollter, organisierter Betrug am Bürger", lautet sein drastisches Fazit. Zum Problem von Britta Flemming meint Schuckert: "Wenn sich das nicht im Gespräch mit dem Entsorger klären lässt, sind die Grundgebühren für die leer stehenden Wohnungen unabwendbar."