Größtes Getriebe seit Bestehen Größtes Getriebe seit Bestehen: Getriebetechnik Dessau stellt 250-Tonnen-Koloss fertig

Dessau - Kurz nach 10 Uhr am Dienstag spannen sich in einer Werkhalle in der Thomas-Müntzer-Straße langsam vier armdicke Stahlseile eines hydraulischen Gerüstes und heben ganz sacht einen tonnenschweren Koloss vom Boden. Zentimeter um Zentimeter wächst der Abstand zwischen dem grauen Stahl und dem verstärkten Betonboden der Werkhalle.
30 Minuten später manövriert sich ein Hänger unter den Stahlkoloss. Wieder geht es jetzt um Millimeterarbeit. Erneut beginnt das Zirkeln, das viele Mitarbeiter der Getriebetechnik Dessau GmbH mit Spannung verfolgen. 250 Tonnen müssen sicher auf dem Hänger liegen. Am Mittwoch wird dieser die Stadt verlassen.
Getriebetechnik Dessau GmbH (GTD) hat das größte Getriebe in ihrer Geschichte gebaut
Die Getriebetechnik Dessau GmbH (GTD) hat das größte Getriebe in ihrer Geschichte gebaut. Der Koloss ist für ein Spezialschiff in China bestimmt. Er wird einmal einen Baggerkopf dieses Schiffes antreiben.
Das Schiff soll weltweit zum Einsatz kommen. Es wird in Häfen und in Kanälen mit Hilfe seines Baggers dafür sorgen, dass riesengroße Containerschiffe immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel haben. In Dessau ist man stolz, den mehr als drei Millionen Euro schweren Auftrag jetzt beendet zu haben und das Getriebe pünktlich auf die Reise nach China schicken zu können.
Die Bemühungen um den Großauftrag liefen bereits seit 2015
„Die vergangenen Wochen waren noch einmal mehr als aufregend“, gesteht GTD-Geschäftsführer Dirk Kostmann. Tag und Nacht sei an dem Koloss gearbeitet worden, der in der Nacht zum Dienstag seinen Endanstrich erhielt. Ein Jahr wurde an dem Getriebe gebaut. Doch die Bemühungen um den Großauftrag liefen bereits seit 2015, sagt Kostmann. GTD habe neben dem Riesen-Getriebe fünf weitere Getriebe für das Schiff in China gebaut.
Als vor rund einem Jahr die Arbeiten für den Großauftrag begannen, stand die Frage im Raum, ob der Boden der Werkhalle am Dessauer Kabelweg die Massen eines 250 Tonnen schweren Getriebes aushalten werde. Sicherheitshalber wurde der Betonboden in dem Abschnitt verstärkt, an dem das 6,5 Meter lange, 5,5 Meter breite und vier Meter hohe Getriebe errichtet wurde, sagte GTD-Geschäftsführer Kostmann rückblickend.
Dirk Kostmann ist es wichtig zu erwähnen, dass neben der eigenen Mannschaft, die sich sehr engagiert habe, einige Fremdfirmen mithalfen, den Auftrag zu erfüllen. Manchmal waren es sogar Spezialfirmen. So wurde beispielsweise die Antriebswelle im tschechischen Ostrava geschmiedet. „Wir haben zuletzt auch Mitarbeiter aus ihrem Ruhestand geholt“, schildert Kostmann, denn es ging darum, dass der Riesenkoloss pünktlich fertig wird. Es wurde eine Punktlandung.
Das Unternehmen knüpft seit Januar 2013 an eine jahrhundertealte Maschinenbautradition an
Die Getriebetechnik Dessau nutzt Teile des Werksgeländes der früheren Abus Dessau. Vorgänger von GTD war die AD Industry Group, die 2011 Insolvenz anmeldete. Dr. Jamshid Yektai, Chef des Getriebebauers Siebenhaar, hatte die Gießerei, die Schmiede, den Kranbauzulieferer und das Getriebeteilwerk übernommen. Heute gibt es am Standort mehr als 150 Mitarbeiter, die in verschiedenen Firmen tätig sind. 60 davon arbeiten in der Getriebetechnik Dessau, sagt Kostmann.
Das kleine Dessauer Unternehmen knüpft seit Januar 2013 am Standort an eine jahrhundertealte Maschinenbautradition an, die 1872 mit der Berlin-Anhaltischen Maschinenbau AG (Bamag) begründet wurde. GTD konzentriert sich vor allem auf Sonderanfertigungen. Kunden sind zum Beispiel die Zementanlagenindustrie, der Bereich Bergbau und Förderanlagen, die chemische Industrie und die Energiewirtschaft. (mz)

