Gesellenprüfung in Dessau Gesellenprüfung in Dessau: Märchenhaftes aus Zucker von jungen Konditoren

Dessau - Es ist Dienstag, 13Uhr: Großreinemachen ist angesagt. In der Küche des Berufsschulzentrums „Hugo Junkers“ schrubben die Lehrlinge die Tische aus Edelstahl wieder blank. Manche stehen vor den großen Abwaschbecken und scheuern Töpfe und Schüsseln. Wer dann den Raum neben der Küche betritt, trifft auf Tische voller süßer Sachen. Cremes, Brandteige, Biskuitböden, Obst, Schokolade und Zuckerwerk geben sich dort ein Stelldichein.
In der Berufsschule in der Dessauer Junkersstraße haben gestern die ersten sieben von insgesamt 14 Auszubildenden den praktischen Teil ihrer Gesellenprüfung abgelegt und dabei einmal mehr einerseits nicht nur ihre fachlichen Qualitäten unter Beweis gestellt - sondern andererseits auch ihre Fantasie. Die Prüfungskommission ließ sie ins Reich der Märchen „reisen“. Welche Märchen der Gebrüder Grimm sie in Zuckerwerk umsetzten, war ihnen überlassen.
Frau Holle lässt grüßen
Auf eines der Schaustücke wurde ein Backofen aus Zuckermasse gesetzt. In der mittleren Etage der Torte fanden sich Äpfel und im Tortenboden wiederum Zuckerkristalle. Es war nicht schwer zu erraten, dass Auszubildende Kathrin Thiele (Konditorei Mrosek) ihr Gesellenstück dem Märchen von Frau Holle widmete. Goldmarie und Pechmarie sind darin aufgefordert, sowohl das Apfelbäumchen zu schütteln, als auch Brote vorm Verbrennen im Ofen zu bewahren. Und Schnee, den schüttelte zumindest die fleißige Marie zuhauf aus der Bettdecke ihrer Gastgeberin, auf dass es auf der Erde schneie.
Zwei Tage lang haben die angehenden Gesellen nicht nur an ihren drei-etagigen Torten gearbeitet, die Aufgabenstellung umfasste weit mehr. Petits Fours mussten angerichtet werden, Käse Fours durften nicht fehlen, je zwei Minitorten sollten zum Repertoire gehören. Dazu Desserts im Glas, eine Konfektmischung sowie eine Anschnitttorte. Bei letzterer wollte die Prüfungskommission sehen, inwieweit sich die Lehrlinge während ihrer dreijährigen Ausbildungszeit zu Profis entwickelt haben und wie perfekt sie mit dem Messer umgehen können.
Fast eine Stunde wurden die Arbeiten der sieben Auszubildenden unter die Lupe genommen, während vor der Tür Angehörige der Prüflinge gespannt auf die Einschätzung der Fachkommission wartete. Hinter der verschlossenen Tür wurden verkostet, gefachsimpelt und Punkte verteilt.
Dass sie die Prüfung bestehen werde, davon ging unter anderem Maria Sternberg aus. Drei Jahre erwarb sie sich in ihrem Ausbildungsbetrieb, der Dessauer Bäckerei und Konditorei von Oliver Schieke, das dafür notwendige Rüstzeug. In dieser Zeit drückte sie eifrig die Schulbank der Konditoren-Landesfachklasse, die im Berufsschulzentrum das theoretische Wissen vermittelte. Wie soll es anders sein, bei einer Prüfung ist man aufgeregt, gibt Sternberg unumwunden zu, froh zu sein, dass „jetzt alles vorbei ist“. Bei bestandener Prüfung ist ihr ein Arbeitsplatz in ihre Ausbildungsbetrieb sicher. Den will sie annehmen.
Stolz macht Oliver Schieke, dass Maria Sternberg ihre Prüfung selbstständig vorbereitete. „Ich habe von all den Schaustücken, die sie zeigt, im Vorfeld nichts fertig gesehen“, bescheinigte ihr der Meister selbstständiges und innovatives Arbeiten.
Keiner ist durchgefallen
Die angehenden Konditoren haben alle ihre Prüfungen bestanden. So viel verriet Bernd Fuchs, der stellvertretende Vorsitzende der Prüfungskommission, der am Ende konstatierte: „Niemand muss die Prüfung wiederholen.“
Allerdings hat die Prüfungskommission zwischen den Arbeiten einige Leistungsunterschiede ausgemacht. Manches Petits Fours (kleines Törtchen) war zu groß geraten, manches zu klein, monierte u.a. Fuchs das Verhältnis der Stücke zueinander. Plätzchen hätten in einer Konfektmischung eigentlich nichts zu suchen, meint er. In einer Form gebackenes Mürbteigkonfekt ebenfalls nicht. Allerdings fand Fuchs auch viel Lob für das, was auf drei Tafeln präsentiert wurde. Mangocreme und Gelee waren eine innige Verbindung eingegangen. Erdbeeren und Schokolade feierten ein Hochzeitsfest. Himbeeren zierten kleine, mundgerechte Stücke. Weingelees wurden so angerichtet, dass man am liebsten zum Dessertlöffel greifen würde. Es gab Torten, die zierten dicke Schokoladenblüten. Es gab Himmlisches aus Marzipan!
Doch es bleibt bis Ende Juli spannend, wie im Einzelnen all das bewertet wurde. Der Konditorennachwuchs wird wohl noch bis zum 31. Juli warten müssen. Bis dahin hat die Kreishandwerkerschaft für jeden ein Zeugnis ausgestellt. Man darf die Daumen drücken. (mz)