Olympische Sommerspiele 2024 Gefangen im Bann der Ringe: Ex-Olympioniken aus Dessau-Roßlau drücken Paris-Startern die Daumen
Nach Beginn der Olympischen Sommerspiele 2024 in Paris fiebern auch viele Sportfreunde aus Dessau-Roßlau mit den Athleten. Einige haben eine ganz persönliche Beziehung zu Olympia.

Dessau-Rosslau/MZ. - Die Olympische Flamme leuchtet über den Sommerspielen der Olympiade in Paris und die ineinander verschlungenen fünf Ringe schicken sich an, in den kommenden zwei Wochen den Alltag der Menschen in aller Welt zu prägen. Auch die Dessau-Roßlauer fiebern den Entscheidungen entgegen. Die MZ-Lokalredaktion hörte sich um, wer wem besonders die Daumen drückt und traf dabei auch Dessau-Roßlauer, die selbst schon unter den symbolischen Ringen wetteiferten.
Vorab-Drama vor 60 Jahren bei Sprint-Qualifizierung
Der erfahrenste unter ihnen ist Peter Wallach. Der heute 85-jährige Dessauer war 1964 selbst Olympionike und als Leichtathlet bei den Sommerspielen vor 60 Jahren in Tokio am Start. Nun drückt er der deutschen Medaillenhoffnung Malaika Mihambo im Weitsprung fest die Daumen. „Sie war ja schon mehrfach in Dessau.“
Auf der Höhe seiner sportlichen Leistungskurve hatte der damals 25-jährige Sprinter bereits Lorbeeren als DDR-Meister und -Rekordhalter über 100 und 200 Meter gesammelt. Besonders dramatisch aber war der nötige Vorausscheid für Olympia zwischen den beiden deutschen Sprintstaffeln. Denn in Tokio traten die Sportler der zwei deutschen Staaten DDR und BRD letztmalig als gemeinsame Equipe Deutschland bei den Wettkämpfen an. Wer also wird nominiert?
Der Vorentscheid in der 4-mal-100-Meter-Staffel fiel auf dem Oval im Berliner Olympiastadion. Und da schnappte tatsächlich das junge DDR-Quartett den renommierten und favorisierten Westdeutschen die Wurst vom Brot. Das Super-Rennen von damals ist Peter Wallach bis heute in Erinnerung. Waren Reiner Berger und Heinz Erbstößer die erste halbe Runde gut gesprintet, wartete auf dritter Position der Kurvenflitzer Wallach und wirbelte wie entfesselt über die Bahn. „Schon als ich den Stab an Volker Löffler weiterreichte zum Zielspurt, wusste ich: Wir gewinnen das Ding! Und habe jubelnd die Arme hochgerissen.“
Mit dem Ticket für die Sprintstaffel war die DDR zahlenmäßig die stärkere Hälfte der Mannschaft und durfte auch den „Chef de Mission“ stellen. Und das wurde der DTSB-Mann Manfred Ewald und nicht NOK-Chef Willi Daume, weil die DDR 194 Athleten dabei hatte, die Bundesrepublik 177.
Die Fahne war damals schwarz-rot-golden mit weißen Olympiaringen im roten Streifen, als Hymne wurde Beethovens Ode „Freude, schöner Götterfunken“ gespielt. Enger Kontakt war den Sportlern aus zwei deutschen Republiken untersagt, zu heikel die Lage nach dem Mauerbau 1961.
Im Wettkampf selber kam das Team Deutschland auch nicht über die Vorläufe hinaus. „Aber es war für uns ein unvergessliches Erlebnis.“ Peter Wallach und seine Mit-Olympioniken, die heute in Benneckenstein, Leipzig und Delitzsch leben, erinnern sich bei ihrem alljährlichen Wiedersehenstreffen gern daran.
Medaillengewinnervon 1980 und 1988 schwärmen von den Zeremonien
Olympia live erlebt und sogar Medaillen mitgebracht haben Hans-Jörg Bliesener und Günter Dreibrodt. Bliesener holte 1988 in Seoul Bronze im Viererkajak, Dreibrodt sogar Gold 1980 im Moskau für die DDR-Handballer.
Darüber hinaus sind die beiden bis heute fasziniert von den damaligen Eröffnungszeremonien. „Das ist einfach überwältigend, wenn sich die Besten aller Welt zu einem so großen Sportfest treffen“, freut sich Dreibrodt. Ein besonderes Auge will er diesmal natürlich auf die Handballer haben. „Da spielt ja mit Renars Uscins einer, der das Handball-ABC in Dessau-Kühnau erlernt hat“, traut der Olympiasieger von einst der deutschen Sieben von heute eine Menge zu. Besonderes Detail: Uscins sei zudem wie er selbst Linkshänder und stehe für die gute Ausbildung auch in kleinen Vereinen. „Ich wünsche dem Team maximale Erfolge.“
Eltern drücken in Dessau die Daumen für den Sohn in Paris
Noch einen zweiten Olympioniken mit hiesigen Wurzeln hat Dessau-Roßlau in Paris am Start: Marek Ulrich steigt bei den Schwimmwettkämpfen ins Wasser der Pariser La Defensa Arena. Der 27-Jährige, der gemeinsam mit Zwillingsbruder Hendrik das Schwimmen in der Dessauer Südschwimmhalle erlernte, 2008 nach Halle zum Olympiastützpunkt von Frank Embacher wechselte, ist beim Rückenschwimmen dabei. Zuhause drücken die Eltern Nadine und Klaus Ulrich die Daumen.