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Fußball Fußball: Einbruch in Männerdomäne

Von andreas behling 21.03.2013, 19:36
Denise Richter wagte sich im Dezember in eine Männerdomäne. Sie ist die erste Staffelleiterin der Fußball-Kreisoberliga Anhalt und erste Vorsitzende des Spielausschusses im KFV Anhalt.
Denise Richter wagte sich im Dezember in eine Männerdomäne. Sie ist die erste Staffelleiterin der Fußball-Kreisoberliga Anhalt und erste Vorsitzende des Spielausschusses im KFV Anhalt. Behling Lizenz

dessau/MZ - Die kluge Frau beugt vor. Je näher ein Wochenende rückt, desto häufiger schaut Denise Richter auf den Akku-Stand ihres Handys. Notfalls hängt sie das Gerät mit dem Ladekabel nochmals ans Stromnetz. Spätestens ab Freitagnachmittag will sie keine unliebsame Überraschung erleben. Das Schlimmste wäre, wegen einer leeren Batterie von der Welt abgeschnitten sein. Genauer gesagt: der Fußballwelt.

Staffelleiterin Kreisoberliga

Seit der Winterpause hält die Dessauerin in der Kreisoberliga Anhalt die Fäden in der Hand. Daran müssen sich die Männer in den verantwortlichen Positionen der Vereine erst gewöhnen, wenn sie eine Frage oder eine Information loswerden wollen. „Wenn die dann am anderen Ende fragen, ob sie mit dem Staffelleiter sprechen, muss ich gleich am Anfang locker korrigieren, dass ich die Staffelleiterin bin“, schmunzelt die 34-Jährige. Eine amüsante Episode ihrer ehrenamtlichen Arbeit, die ja generell einige Durchsetzungskraft erfordert. Doch Denise Richter, die schon das Pokalgeschehen im Nachwuchsbereich des Kreisfachverbands Anhalt (KFVA) betreute und dies bis zum Abpfiff des Finals 2013 auch weiter tun wird („Was begonnen ist, will ich beenden. Schließlich möchte ich den Pokal überreichen.“), spürt keine Last auf ihren Schultern. „Nö, das ist nicht wirklich der Fall. Ich bin positiv überrascht, wie gut es funktioniert“, sagt sie spontan.

Dass sich mit ihrem Start ins neue Amt der alte Winter nicht geschlagen geben will, sieht sie gelassen. Selbst wenn wieder Tauwetter einsetzt, wird noch nicht jedes Geläuf bespielbar sein. Die Verwaltungsfachangestellte, die gerade in Köthen als Arbeitsvermittlerin im öffentlichen Dienst eine neue Stelle antrat, stellt sich darauf ein, die Vereine mit Nachholpartien an den kommenden Feiertagen zu versorgen. „Die könnten knackvoll werden“, ahnt Denise Richter, deren Mann zum Betreuer-Stab des Landesligisten SV Dessau 05 gehörte. Und während Tochter Maja (9) eifrig dem Schwimmsport frönt, ist Sohn Kevin (13) seit einem Jahr als Referee aktiv. „Da macht er sich richtig gut“, freut sich seine Mutter.

Fan des VfB Stuttgart

Gemeinsam ist der Familie die Liebe zum VfB Stuttgart. „Beruflich bedingt haben wir fünf Jahre in Ludwigsburg gewohnt“, begründet die Staffelleiterin ihre Präferenz. Für den Rest der Serie in der Kreisoberliga hat sie sich vorgenommen, bei jedem Verein ein Mal vorbeizuschauen, die Sportstätten und - abseits von Telefonaten - die Gesichter der Verantwortlichen kennenzulernen. Die Premiere der Rundtour feierte sie jüngst auf Einladung bei Chemie Rodleben. Und sah sich dort gleich mit einem Problem konfrontiert. Fürs Hauptspiel fehlte nämlich der angesetzte Schiedsrichter, so dass der Unparteiische vom Vorspiel eine Doppelschicht schieben musste.

In den Vorstand gelotst

„Leider gibt es keinen Lehrgang für Staffelleiter. Es sind solche Begebenheiten, aus denen man schlauer wird. Und zum Glück ist Mario Pinkert nicht genervt, wenn ich ihn mit Fragen behellige, wie genau zu reagieren ist. Bei den Vereinen kommt da manchmal Unverständnis auf, wenn man sagt, dass man sich noch absprechen muss. Aber ich bin ja kein wandelndes Lexikon“, erzählt Denise Richter. Pinkert, bis vor kurzem KFVA-Präsident, und dessen Nachfolger Detlef Barth waren es auch, die sie aus dem Jugendausschuss in den Männerbereich lotsten.

Eingewöhnungszeit bis 30. Juni

„Das KFV-Präsidium hat mir eine Eingewöhnungsphase bis zum 30. Juni gewährt. Deshalb sind die Rücksprachen mit dem ehemaligen KFV-Präsidenten und jahrelangem Spielausschussvorsitzenden wichtig und erwünscht“, ist die 34-Jährige erleichtert, dass ihr etwas der Druck genommen wird und sie die Lasten des Amtes nicht allein schultern muss. Zumal Pinkert wusste, dass sie während ihrer Zeit bei Dessau 05 bereits ein paar administrative Erfahrungen sammelte, indem sie für einige Monate die Mitgliederverwaltung des Vereins aus dem Schillerpark betreute.

Einzige Frau im Vorstand

Den Sprung in die Führungsriege des Fußballkreises will Denise Richter allerdings nicht überbewerten: „Ich habe nicht damit gerechnet, dass es etwas ausartet. Aber ich kann damit leben und umgehen, wie es gekommen ist“, erklärt sie. Momentan ist sie übrigens die einzige Frau im Vorstand des KFV und die erste, die als Vorsitzende des Spielausschusses eingesetzt worden ist.