Forstbetrieb Anhalt Forstbetrieb Anhalt: Von langer Hand geplant

Dessau - Im klassischen Buchformat ist es ein satter Foliant. Gebunden in festem, sachlich-dunkelbraunem Leinen. Der Titel auf Einband und Buchrücken blitzt in Goldschrift: Landesforstbetrieb Anhalt/Wirtschaftsbuch Forsteinrichtung/Revier Stackelitz. „Für den Förster ist das die ’Bibel’ seines Reviers“, weist Jörg Amme schmunzelnd auf das Buch der Bücher im Ordner-Format. Rund 500 Seiten stark. „Das Revier Stackelitz hat allein fünf dieser Ordner.“
Amme ist Produktionsleiter im Forstbetrieb Anhalt, dem größten von fünf Forstbetrieben in Sachsen-Anhalt. Am Jagdschloss Haideburg teilt sich Amme ein Dienstzimmer mit Sven Kutzner, Bereichsleiter Waldschutz im Forstbetrieb Anhalt unter Leitung von Wilhelm Uschmann. Die Männer sind für den Bürger nach dem jeweiligen Revierförster gefragte Kontaktpersonen und Partner in Sachen Wald und Holz.
Bürger sind wachsam
Und die Bürger sind wachsam. Fallen Bäume oder kreischen Motorsägen, dann läuten auch deren Alarmglocken: Was passiert da im Wald? „Er wird bewirtschaftet, gepflegt, umgebaut und verjüngt unter Wahrung der Verpflichtung gegenüber dem Gemeinwohl“, sagt Jörg Amme knapp. Und betont: Was der Forstbetrieb macht, ist von langer Hand geplant und kein Halligalli nach Gutdünken.
Und da kommt wieder die ’Bibel’ ins Spiel: Der Revierförster plant, vollzieht und dokumentiert die Arbeiten über einen Zeitraum von zehn Jahren. Beschrieben wird Flächengröße, Standort, Bodenbeschaffenheit, Geländetyp und Bestockung. Die Baumbestände werden vor Ort aufnommen nach Art, Alter, Wuchshöhe und Stammdurchmesser (auf Brusthöhe). Danach folgt die Planung der Eingriffe im Oberstand auf extra beschriebener oder im Unterstand auf ganzer Fläche. Die Stackelitzer Revierbibel zum Beispiel wird seit 1. Januar 2006 geschrieben. Die Forstliche Einrichtung eröffnet nächstes Jahr also ein neues Wirtschaftsbuch.
Deutschland ist mit 11,4 Millionen Hektar zu einem Drittel bewaldet. Laut dritter Bundeswaldinventur ist die Waldfläche konstant geblieben und dank nachhaltigem Handeln in Waldbau und -bewirtschaftung in gutem Zustand. In Deutschlands Wäldern wachsen 90 Milliarden Bäume.
Einen überdurchschnittlichen Waldanteil bezogen auf die Landfläche haben Rheinland-Pfalz (42 Prozent) und Hessen (42 %), gefolgt vom Saarland (40 %), von Baden-Württemberg (38 %), Bayern (37%) und Thüringen (34%). Sachsen-Anhalt gehört mit einem Waldanteil von 24,1 Prozent zu den waldärmsten Ländern der Bundesrepublik. Der Anteil schwankt stark zwischen dem Harz mit 63 Prozent und den Gebieten mit intensiver Landwirtschaft (Magdeburger Börde: 6 %).
Der Forstbetrieb Anhalt mit Sitz in Dessau verwaltet 36.000 Hektar Landeswald mit einem Vorrat von 184 Festmetern Holz/ha und bearbeitet jährlich etwa 330 Hektar. Bei jährlichem Zuwachs von 6,4 Festmeter/ha, werden 4,2 Festmeter/ha geschlagen.
Schneise der Verwüstung zieht sich durch das Land
Unter freiem Himmel aber bleiben auch bei bester Planung und gewissenhafter Abarbeitung eine Reihe Unwägbarkeiten. Die Wetterunbilden. So hatte der Orkan Kyrill im Januar 2007 eine Schneise der Verwüstung durch das Land gezogen, mit deren Behebung der Landesbetrieb lange zu tun hatte. Im August 2013 entwickelte sich ein Sturmtief zu einer Windhose. Das taifun-ähnliche Phänomen mähte eben nahe Stackelitz im Naturschutzgebiet gegenüber der Kirchruine Schleesen einen ganzen Buchenwald nieder. Innerhalb von 35 Minuten hat es rund 500 Festmeter Holz umgelegt, erinnert sich Jörg Amme mit Grauen. „Hunderte Bäume bester Qualität gingen verlorden.“ Denn da der Strumschaden auch auf acht Hektar Fläche im Totalreservat niederging, konnte der Landesbetrieb bei der Oberen Naturschutzbehörde trotz langem Kampf keine Ausnahmegenehmigung erwirken, das gefallene Nutzholz zu bergen und die Kronen liegen zu lassen. „Das Holz ist auf der Fläche zu belassen“, heißt es im Bescheid. Punktum. „Ist nicht zu ändern!“, zieht Sven Kutzner die Schultern hoch.
Entscheidung für einen rigorosen Einschlag
Anderenorts gab es einen beabsichtigten kapitalen Holzeinschlag: Im Winter 2014/15 wurden entlang der B184 von Roßlau nach Zerbst neben dem Fahrbahnrand bis an den Brandstreifen Roteichen entnommen. „Die Strecke wird viel und schnell befahren. Wildwechsel bringen immer Gefahren, die Unfallzahlen steigen. Weil aber die straßennahen Bäume infolge mehrerer schwerer Stürme und Gewitter in den Vorjahren geschädigt waren, haben wir uns für den rigorosen Einschlag entschieden“, so Produktionsleiter Amme. Momentan sähe alles ziemlich ruppig aus. Aber in zwei Jahren erwartet er ein anderes Bild. Am Boden zeigen sich bereits wieder Stockausschläge und der Wald verjünge sich auf natürliche Weise. Der Nach-Wuchs verschaffe dem Wald eine gestufte, vertikale Gliederung.
Hat der Forstbetrieb einen „guten Schnitt“ gemacht? Jörg Amme winkt ab zu Spekulationen von wachsender Nachfrage und Holzpreisen. In den elf Revieren wurden im vorigen Jahr 166235 Festmeter Holz „geerntet“. Das sei schon eine Hausnummer. Aber es gibt für den Wald in Anhalt verschiedene Eigentumsformen. Neben Staatswald von Bund und Land haben Körperschaften von Kommunen und Stiftungen Wald im Eigentum. Dazu kommt ein Großteil privater Waldbesitzer. (mz)