Feuerwehren aus Dessau-Roßlau Feuerwehren aus Dessau-Roßlau: Nicht im Kriechgang

Dessau-ROSSLAU - Das Schauspiel auf dem Dessauer Marktplatz am Samstagvormittag: Es ist kein seltenes, es ist ein einmaliges. Ein historisches, wird es später sogar heißen. Für die Chroniken.
Geheim und in einem Wahlgang haben die Delegierten über die Vorschläge für Stadtwehrleiter und zwei Stellvertreter votiert. Beworben hatten sich Olaf Braun (FF Süd) sowie Frank Punke (FF Meinsdorf) und Alexander Buba (FF Roßlau). Je 61 Stimmen waren gültig: Für Braun gab es 51 Ja- sowie neun Nein-Stimmen und eine Enthaltung. Punke sammelte 55 Ja- bei sechs Nein-Stimmen. Buba holte 49 Ja-Stimmen, bei zehnmal Nein und zwei Enthaltungen
Auf dem historischen Pflaster des einstigen Kleinen Marktes vor dem Rathaushauptportal sammeln sich die Abordnungen aller Freiwilligen Feuerwehren und der Berufsfeuerwehr aus Dessau-Roßlau. Die Einsatztechnik rollt an im Großaufgebot: Hubrettungs- und Drehleiterfahrzeuge, Rüstwagen, Tanklöschfahrzeuge, Löschfahrzeuge, Tragkraftspritzen, Einsatzleitwagen und Rettungswagen - insgesamt 30 Fahrzeuge reihen sich aneinander. Das geht nicht ohne exakten Stell- und Zeitplan. Den hat Martin Müller von der Leitstelle des Amtes für Brand- und Katastrophenschutz und Rettungswesen ausgefeilt. Und er funktioniert generalstabsmäßig. Binnen einer halben Stunde ist jedes Fahrzeug an die ihm zugeteilte Stelle geparkt. Die Kameraden der Feuerwehren nehmen Aufstellung für ein einzigartiges Foto. „Danke! Geordneter Rückzug“, so die nächste Ansage.
61 Feuerwehrkameraden nehmen an Wahl teil
Ein Teil der Feuerwehrmänner und -frauen steigt aus den Stiefeln, legt dicke Jacken und schwere Helme ab, rückt die dunkelblauen Dienstuniformen zurecht und sammelt sich auf den neuen blauen Stühlen zur nächsten Premiere im Ratssaal. Zur Delegiertenkonferenz haben Stadtbrandmeister Lutz Kuhnhold und Stadtwehrleiter Olaf Braun je vier Abgeordnete der 13 freiwilligen Orts- und Stadtteilwehren geladen. Weiterhin gehören Stellvertreter des Stadtwehrleiters, Stadtjugendwehr- und Stadtkinderwehrwartin zur Versammlung. In Summe wären 71 Feuerwehrkameraden aus Dessau-Roßlau zur Neuwahl vom Stadtwehrleiter und seiner Stellvertreter wahlberechtigt. 61 davon sind anwesend.
„Die letzte Delegiertenversammlung ist schon eine Weile her, war am 8. September 2009“, ruft Martin Müller eingangs die Tippel-Tappel-Tour vor einer Neuwahl in Erinnerung: Die Delegiertenversammlung der Feuerwehren mache zunächst einen Vorschlag. Der komme in die Beratung beim Oberbürgermeister, dann vor den sich am Dienstag neu konstituierenden Ausschuss für Feuerwehr, Hochwasser und Katastrophenschutz, vor Haupt- und Personalausschuss und schließlich vor den Stadtrat. Nach geraumer satzungsfreier Zeit in der Doppelstadt mit nicht unkomplizierten Feuerwehrsatzungsänderungen wurde Olaf Braun 2009 am 13. Dezember vom Stadtrat ins Ehrenbeamtenverhältnis als Stadtwahlleiter berufen. Ihm zur Seite standen über sechs Jahre als Stellvertreter die Abschnittsleiter Nord und Süd mit Frank Punke (FF Meinsdorf) und Norbert Schurzmann (FFW Süd).
„Wir sind eine Feuerwehr!“
Berufsfeuerwehr und freiwillige Feuerwehren nördlich und südlich der Elbe haben sich seither gut zusammengefunden, zieht der 59-jährige Braun Bilanz von seiner Rolle als Bindeglied zwischen Amt und Ehrenamtlern. „Der Stadtwehrleiter spricht für die Freiwilligen. Wir begegnen uns auf Augenhöhe, nicht im Kriechgang“, reicht der amtierende Stadtwehrleiter für die nächste Wahlperiode erneut seine Bewerbung ein. Ihm gleich tun es zwei Kameraden für die Stellvertreter-Posten. Und da passiert Denkwürdiges. „Wir sind eine Feuerwehr!“, kommt nämlich gerade aus „Nordelbien“ der Vorschlag, die Stellvertreter nicht länger in geografische Abschnitte Nord und Süd zu teilen, sondern zu definieren über ihre Funktion bei den Freiwilligen. Also für die Ausbildung und die Technik und Finanzen. „Da macht die Feuerwehr der Stadt wohl noch ein bisschen was vor“, lächelt Braun.
Derweil in der Pause nach Wahlgang und Auszählung die Freiwillige Feuerwehr Waldersee den Imbiss zubereitet und ausgereicht hat, schmunzelt der Neu-Nominierte nach der Ergebnisbekanntgabe: „13 Feuerwehren können 13 verschiedene Meinungen haben. Aber dieses klare Votum der Feuerwehrbasis macht mich auch stolz.“ (mz)