Fahrzeugtechnik Dessau Fahrzeugtechnik Dessau: Ex-Chef ist geständig vor Landgericht
halle (Saale)/dessau - Vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts in Halle hat am Montag ein Prozess gegen den ehemaligen rumänischen Geschäftsführer der Dessauer Fahrzeugtechnik, und dessen Ehefrau begonnen. Beiden wird Insolvenzverschleppung, Verstoß gegen Bilanzierungspflichten und das Nichtzahlen von Sozialversicherungsbeiträgen in insgesamt 58 Fällen vorgeworfen. Laut Anklage sei das Unternehmen schon seit August 2011 insolvenzreif gewesen. Für 2010 sei in Kenntnis der Krise ein Jahresabschluss nicht rechtzeitig erstellt worden.
Geldstrafe wahrscheinlich
Der 58-Jährige zeigte sich vor Gericht in allen Punkten geständig, was auf Absprachen im Vorfeld schließen lässt. „Es steht eine Geldstrafe im Raum“, sagte Wolfgang Ehm, Pressesprecher des Landgerichts Halle. Die Anklage gegen die Ehefrau wurde zu Beginn der Verhandlung abgetrennt, da diese nicht reisefähig ist. Auch hier liegt ein Angebot vor: Gegen Zahlung einer vierstelligen Geldstrafe kann das Verfahren gegen die 59-Jährige eingestellt werden. Der ursprünglich auf drei Tage angesetzte Prozess könnte damit schon in der kommenden Woche, am 25. Februar, sein Ende finden.
Der Geschäftsführer hatte die Fahrzeugtechnik im März 2008 aus der Insolvenz übernommen und sich später komplett mit der Belegschaft überworfen. Unrühmlicher Höhepunkt war im Oktober 2011 der Versuch, die Arbeitsverträge der 130 Mitarbeiter aufzulösen und deutlich schlechtere Arbeitsbedingungen durchzusetzen - mit 48 statt 38-Wochen-Arbeitsstunden und 24 statt 30 Tagen Urlaub. Der 58-Jährige hatte den Kollegen damals Sabotage und Arbeitsverweigerung vorgeworfen. Erst nach heftigen Protesten folgte der Rückzieher.
Mitte Februar 2012 hatte das Unternehmen einen Großauftrag aus Kasachstan angekündigt. Die Angaben gingen aber weit auseinander: Die Nachrichten-Agentur Reuters meldete einen 70-Millionen-Euro-Auftrag. Gegenüber dem MDR sprach die Firma sogar von einem 225-Millionen-Dollar-Auftrag. Doch davon kam nie etwas an.
Eskalation im Frühjahr 2012
Im Frühjahr 2012 eskalierte die Situation erneut. Die damals noch 110 Beschäftigten hatten in einem Offenen Brief der Gewerbeaufsicht beim Landesverwaltungsamt, der Berufsgenossenschaft und dem Umweltamt der Stadt Untätigkeit und bewusstes Wegschauen vorgeworfen. Kurz darauf wurde die Strahlerei still gelegt. Im März 2012 gab es erhebliche Außenstände bei Löhnen und Gehältern, waren fast 50 Fälle vor dem Arbeitsgericht Dessau anhängig. Kurz darauf wurde ein Insolvenzantrag gestellt. Im September 2012 übernahm die TTV Transtec Vetschau das Traditionsunternehmen. (mz/sb)