Einmaliges Holz-Bauhaus Einmaliges Holz-Bauhaus: Hilberseimer Haus in Dessau begeistert Ex-Direktor des Magnesitwerkes in Aken

Dessau - 21. Juli: Auf den Tag genau ein Jahr ist es her, dass im Dessauer Süden etwas „Außergewöhnliches und Ungewöhnliches“ zu entstehen begann, wie Lothar Gabler meint.
Nur drei Wochen später, am 11. August, wurde das Hilberseimer Haus bereits eingeweiht, ist der 82-Jährige begeistert. „150 Mal war ich mindestens schon hier“, sagt er zum Haus, das in der Mittelbreite neben einem Laubenganghaus seinen Platz gefunden hat und ein Stück Bauhausarchitekturgeschichte erzählt, die nur wenige kannten.
Studenten der Universität Kassel hatten das Haus, das auf den Entwurf des Architekten Ludwig Hilberseimer (1885-1967) zurückgeht, im Sommer 2019 errichtet. Der Leiter des Projektes, das in Kooperation mit Constructlab, der Hochschule Anhalt, dem Werkbund Sachsen-Anhalt und der Firma Wilkhahn entstand, war der Professor der Studenten: der frühere Dessauer Bauhausdirektor Philipp Oswalt.
Über 300 solcher Eigenheime sollten in Dessau entstehen: preiswert, ökologisch und erweiterbar
Als das Bauhaus unter Leitung von Hannes Meyer 1930 die heute geschützten Laubenganghäuser baute, erdachte Hilberseimer eine Mischbebauung in Flachbauweise. Über 300 solcher Eigenheime sollten in Dessau entstehen: preiswert, ökologisch und erweiterbar. Umgesetzt wurden die Planungen nie. Bis vorigen Sommer - im Bauhausjubiläumsjahr.
Doch im Oktober 2020 ist wahrscheinlich Schluss, wird das Holz-Haus abgebaut, weil der Pachtvertrag endet. Fünf Interessenten, unter anderem aus Dessau und Berlin, haben sich bislang beworben, das Haus ab- und an anderer Stelle aufzubauen.
Gabler, der nur wenige Hundert Meter entfernt wohnt, hat das Hausprojekt von Anfang an begeistert. Zum einen, weil das „wachsende Haus“ überhaupt gebaut wurde, und zum anderen auch wie es entstand, nämlich von und mit Studenten. Gabler, früherer Betriebsdirektor des Magnesitwerkes Aken und später Direktor Anlagenbau bei Betonprojekt Dessau, sagt: „Die Praxis ist ganz entscheidend in der Ausbildung.“
Alle seien mit Enthusiasmus dabei gewesen, hätten wertvolle Erfahrungen sammeln können
Weshalb sich der Dessauer seit zwölf Jahren auch an der Hochschule Anhalt einbringt, hier gerne mit jungen Menschen zusammenarbeitet. Es geht, erklärt der Senior, beim Studium eines Berufes nicht nur um die Aneignung von Wissen, sondern um die Ausbildung der Persönlichkeit. Junge Menschen für eine Sache zu begeistern, ihre Potenziale zu erkennen und ihre Leidenschaft für Kreativität, Visionen und Mut zu außergewöhnlichen Herausforderungen zu wecken, darum ginge es doch.
Genau das auch war die Intension beim Hilberseimer-Haus-Projekt, ist er begeistert. In der Baustellenzeit war er täglich mindestens einmal vor Ort, um mit den 20 Studenten von drei Kontinenten ins Gespräch zu kommen. Alle seien mit Enthusiasmus dabei gewesen, hätten wertvolle Erfahrungen sammeln können.
Noch bis zum 11. Oktober kann das Haus freitags von 14 bis 17 Uhr und sonntags von 12 bis 16 Uhr besichtigt werden, ist Mauricio Sosa Noreña vor Ort. Schon im vergangenen Jahr hat der Kolumbianer, der an der Hochschule Anhalt Design studiert hatte, die Betreuung des Hauses übernommen.
Im vorigen Jahr kamen sehr viele Besucher - nicht nur Dessauer
Nicht nur für die Studenten, auch für ihn ist es eine „tolle Erfahrung“, erzählt er. Im vorigen Jahr kamen sehr viele Besucher, nicht nur Dessauer, auch Touristen. Im Winter war das Haus geschlossen, doch die neue Saison konnte aufgrund von Corona erst spät starten. Der Besucherandrang ist wegen der Pandemie verhalten, schätzt er ein. Doch auch wenn Sosa Noreña nicht vor Ort ist, kann das Haus angeschaut werden - von außen. Im Garten gibt es zudem eine kleine Ausstellung.
Der 41-Jährige wünscht sich wie auch Lothar Gabler, dass das Haus in Dessau-Süd verbleibt, als „lebendiger Treffpunkt für Jung und Alt“. Das 85 Quadratmeter große Haus, das über eine Kochnische und zwei Toiletten verfügt, kann auch gemietet werden. So fanden hier beispielsweise schon Geburtstagsfeiern statt. (mz)
Wer das Haus mieten oder mehr über es erfahren möchte, wendet sich per E-Mail an [email protected]