Ein großes Schloss wird eingescannt
Dessau/MZ. - Auf dem Bildschirm dreht sich das Kühnauer Schloss. Horizontal und vertikal - es kippt und wackelt wie in der schönsten Computersimulation. Lediglich die Auflösung könnte besser sein, aber genau daran wird noch gearbeitet. Während viele Spiele am PC Gebäude zeigen, die der Phantasie ihrer Schöpfer entsprangen, so zeigt dieser Bildschirm, der am Mittwochvormittag vor dem Schloss in Großkühnau aufgestellt ist, ein getreues Abbild des Originals, in dem gerade die Mitarbeiter der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz arbeiten.
Auch Christian Minning, Jens Kindling und Daniel Wiesemann sind beschäftigt. Auf der Wiese. Sie haben sich vor dem Schloss mit ihren Gerätschaften eingerichtet und vermessen den Sitz der Stiftung. Das dient vor allem zunächst einmal dem Diplom der drei jungen Männer, deren Studien-Ende an der Hochschule Anhalt näher rückt. Vermesser werden sie bald sein und wissen, dass viele meinen, dies sei ein trockenes Metier, bei dem man viel an frischer Luft ist. "Wir wollen zeigen, dass man mit Daten, die wir sammeln, Vieles anschaulich gestalten kann", sagt Diplomand Jens Kindling. "Das ist beispielsweise gut für Immobilienvermarkter", ergänzt sein Kommilitone Daniel Wiesemann.
Die Kulturstiftung beabsichtigt freilich nicht, das Schloss Großkühnau zu veräußern, wird die Daten aber wohl auf der stiftungseigenen Internetseite einstellen, damit ein jeder den virtuellen Spaziergang im und ums Schloss unternehmen kann. Damit dieser auch bestens gelingt, setzt das neu gegründete Institut für Geoinformation und Vermessung an der Hochschule auf die modernste Technik. Zum Einsatz ist ein Laserscanner gekommen, eine Art Messroboter, mit dem die Umgebung auf Knopfdruck automatisch vermessen wird. Seit etwa zwei Jahren verfügt die Hochschule über dieses wohl modernste Instrument der geodätischen Instrumententechnik. Vertrauensvoll in die Hände der Diplomanden gab Professor Heinz Runne auch die Infrarotkamera, deren Bilder die energetischen Schwachpunkte des alten Gebäudes offen legen.
Doch egal, wohin die Wärme entschwindet, am Ende des Projektes - es fußt auf der Initiative von Ortsbürgermeister Jürgen König - wird ein dreidimensionales Computer-Modell des Schlossgebäudes und der umgebenden Parkanlagen ebenso stehen wie ein computergenerierter Film. "So bringen wir modernste Technik und Historie zusammen. Hier treffen zwei Welten aufeinander", freut sich denn auch Heinz Runne. Der fand für seine Studenten mal wieder ein ganz praxisnahes Vorhaben in der Region und ganz nebenbei wurde der Kooperationsvertrag zwischen Kulturstiftung und Hochschule Anhalt damit erneut untermauert. Seit dessen Unterzeichnung 1998 realisierten Studenten zehn Projekte im Gartenreich.