Schuld und Entfremdung Dirk Meißner erzählt die Familiengeschichte seiner bekannten Dessauer Gastwirtsfamilie in zwei Büchern weiter
Dessau - Nicht alles an der Lockdownzeit der letzten Monate war schlecht, schmunzelt Dirk Meißner. „Ich hatte so viel Zeit zum Schreiben wie sonst nie“, gesteht er und hat zwei neue Bücher herausgebracht, die der Familienhistorie der Dessauer Familie weitere Kapitel hinzugefügt hat.
In „Lebensborn Pommern“ spielte das Dessauer Kaffeehaus und Hotel „Schloss Altenburg“ am Leipziger Tor eine tragende Rolle. Das gehörte seinem Großvater Walter (1896-1979) und fiel in der Nacht des 7. März 1945 dem schwersten Bombenangriff auf die Stadt auf Nimmerwiedersehen mit zum Opfer. In „Nachkriegswelpen“ verarbeitet er das Schicksal seines Vater Rüdiger (1941-2012), der in Dessau ein bekannter Gastwirt war. Im dritten Buch geht es um den Autoren selbst, der 1962 in Dessau geboren wurde, hier zur Schule ging.
„Fiktionales und autobiografische Züge sind miteinander verknüpft“
„Fiktionales und autobiografische Züge sind miteinander verknüpft“, sagt der 59-Jährige, dessen Protagonist im Buch Till heißt. 1984 leistet der seinen Wehrdienst als Offizier auf Zeit in einem Ausbildungsregiment der Grenztruppen der DDR und wird hineingezogen in die innerdeutsche Geschichte. Grenzüberwachung, Schießbefehl, Flucht - die innere Zerrissenheit wird spürbar. „Man muss der Staatspartei, weil sie immer Recht hat, vertrauen“, heißt es an einer Stelle, als die Geschichte im Buch auf einen Höhepunkt zutreibt.
Meißner schlägt aber auch einen Bogen in die Zeit kurz nach der Wende. Dabei geht es auch um die Erinnerungs- und Begegnungsstätte am Kommandantenturm der ehemaligen Grenzübergangsstelle „GÜst Drewitz/Dreilinden“, wohin sich Till zurückzieht, um ein Buch zu schreiben. „Das ist alles frei erfunden“, sagt er. Die Erinnerungs- und Begegnungsstätte wurde auch erst viel später eröffnet.
Falsche Vorbilder und angepasstes Verhalten, die schließlich zum Nährboden für Schuld und persönliche Entfremdung werden
Doch das Thema von „Grenzregime - Wo wir uns finden“ beschäftigt ihn schon 20 Jahre, gibt der Autor zu. „Teilweise hatte ich schon 2001 angefangen Erzählungen zu schreiben über die Zeit an der Grenze.“ Eine Novelle war entstanden, die lange lag und nun in das Buch eingeflossen ist.
Meißner, der nach seinem Wehrdienst Rechtswissenschaften an der Berliner Humboldt-Universität studierte, von 1989 bis 91 als Redakteur bei der Tageszeitung „Der Morgen“ tätig war, später Direktor einer Unternehmerbank wurde und seit 2012 Vertriebsleiter in einem Unternehmen der Erneuerbaren Energien ist, hat das Schreiben nie gelassen. „Ich möchte etwas rüberbringen, was ich für wichtig halte“, sagt er. Und in seinem neuen Buch gehe es um falsche Vorbilder, angepasstes Verhalten, die schließlich zum Nährboden für Schuld und persönliche Entfremdung werden.
Gerne aber möchte er bald die Lesungen nachholen, die im Vorjahr geplant waren
„Jetzt wäre es Zeit für ein viertes Buch“, schmunzelt der in Berlin lebende Autor. Doch die Familien-Trilogie ist abgeschlossen, er wolle sich einem anderen Thema zuwenden. Das freilich auch mit ihm zu tun habe, gesteht der leidenschaftliche Tango-Tänzer. Vielleicht spielt das nächste Buch in der Tango-Szene von Berlin, vielleicht aber auch wieder in seiner alten Heimat, wo die Historie ein reiches Füllhorn ist. Schon in „Grenzregime“ nimmt er seine Protagonisten mit in den Wörlitzer Park und lässt den Leser tiefgründig in die Entstehungsgeschichte mit eintauchen. Doch das ist Zukunftsmusik.
Gerne aber möchte er bald die Lesungen nachholen, die im Vorjahr geplant waren zu „Lebensborn Pommern“, aber dann „hatte Dessau die Schotten dicht gemacht wegen Corona. Das Podium im Golfpark war schon aufgebaut“, erinnert er sich. Doch was nicht ist, kann noch werden.
Die Bücher von Dirk Meißner sind im Buchhandel erhältlich. Mehr über den Autor auf www.meissnerdirk.de