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Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: Stolz auf das Durchhalten

Von STEFFEN BRACHERT 10.10.2011, 16:42

DESSAU / MZ. - Die Rechnung ist eigentlich ganz einfach. Früher kostete der Abriss eines Wohnblocks 125 000 Euro. Heute gehen die Aufträge schon für 70 000 Euro weg. "Die 55 000 Euro", sagt Detlef Mourek lakonisch, "müssen irgendwo gespart werden." Wo, das hat der Chef der Dessauer BSR Baustoff + Recycling GmbH selbst zu spüren bekommen. Früher gab es für eine Tonne Bauschutt 12,50 D-Mark. "Das wären heute über sechs Euro", rechnet Mourek. Die Realität sieht anders aus. "Wenn Sie einen Euro kriegen, können Sie froh sein." Das Geschäft als Baustoffrecycler ist hart - um so stolzer ist Mourek, dass die BSR Baustoff + Recycling GmbH 20 Jahre durchgehalten hat. Gerade erst wurde das mit einem kleinen Festakt gefeiert.

Angefangen hat die Firma einst in der Lichtenauer Straße. Bis sich wegen des Krachs eine Bürgerinitiative gründete und eine Lösung her musste. Die fand sich 1992 am Fuße des Scherbelbergs, wo wenig später die erste Bauschuttrecyclinganlage Sachsen-Anhalts ihren Betrieb aufnahm. In Anwesenheit vom damaligen Umweltminister Wolfgang Rauls. "Das war damals etwas Besonderes."

Firmengründer war Hans-Walter Henge, der Anfang der 90er Jahre aus der Dessauer Partnerstadt Ludwigshafen eine Tour in den Osten machte und beschloss, hier unternehmerisch tätig zu werden. "Es ist fast schon ein Hobby von ihm", schmunzelt Mourek. Der Dessauer Baustoffrecycler passt nicht wirklich zur Henge-Gruppe, die heute ein weltweit aktiver Importeur und Exporteur im Bereich Rohstoffe und Mineralien ist. Ein Selbstzweck ist das Hobby natürlich nicht. "Wir schreiben schwarze Zahlen."

An der Entwicklung der BSR Baustoff + Recycling GmbH lässt sich die Lage der Bauwirtschaft im Osten ganz gut nachvollziehen. Einst wurden hier 120 000 Tonnen Bauschutt im Jahr verarbeitet. Jetzt sind es 60 000, manchmal 65 000 Tonnen in zwölf Monaten, obwohl der Stadtumbau immer wieder für Nachschub sorgt. Einst gab es zwölf Mitarbeiter, jetzt sind es fünf. Einst hatte die Firma, bei der Mourek seit dem Jahr 2000 Betriebsleiter und Handlungsbevollmächtigter ist, eine eigene stationäre Bauschuttrecyclinganlage, jetzt kommt ein mobiler Recycler zwei, drei Mal im Jahr in der Polysiusstraße vorbei, um Schotter herzustellen, das Endprodukt, mit dem die BSR Baustoff + Recycling GmbH an einem Markt agiert, der mit allerlei Vorurteilen belastet ist. "Es ist viel Lobbyarbeit für Betonschotter notwendig." Trotz der Bundesgütegemeinschaft Recycling-Baustoffe, wo die Dessauer Mitglied sind - als eines von drei Unternehmen aus Sachsen-Anhalt.

Die Dessauer Firma versucht sich dabei als Nischenanbieter, als Spezialist für besondere Fälle. Die Mittelstraße in Kleinkühnau ist ein Beispiel dafür. Die Anliegerstraße schien nicht finanzierbar, weil die Stadt kein Geld hatte, selbst Straßenausbaubeiträge gegenzufinanzieren. Am Ende wurde eine Straße gebaut - bezahlt allein von den Anwohnern, mit Schotter aus Moureks Recyclinganlage.

Moureks neue Hoffnung sind Ziersteine. Ein paar davon liegen auf seinem Schreibtisch in einem kargen Container-Bau, der nach 20 Jahren verwundert. "Das Gelände ist gepachtet. Die Planungen für ein eigenes Verwaltungsgebäude wurden nie konkreter", sagt Mourek. "Die fetten Jahre sind vorbei. Jetzt ist es eigentlich zu spät für einen Neubau." Der aus Osternienburg stammende Mourek hat sich damit arrangiert. "Bei dem Staub, den wir hier haben, müssten wir jedes Jahr streichen. Da investiere ich lieber in neue Technik." Für die nächsten 20 Jahre.