Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: Neuer Kapitän übernimmt Ruder am Elbkilometer 262
ROSSLAU/MZ. - So ruhig und winterstarr die Luft über der weiten Fläche und dem Fluss auch liegen mag - der äußere Eindruck ist ein falscher. Am Stromkilometer 262 bewegt sich was am Elbufer. Hinter der Einfahrt zum Industriehafen Roßlau - übrigens als einer der wenigen deutschlandweit "rechtselbisch" gelegen - weht ein neuer, frischer Wind. Im Hafen übernimmt ein neuer Kapitän das Ruder.
Gunter Wolf hat das Hafenschiff seit August 2004 als Betriebsleiter durch manchen Sturm und manche Flaute gelenkt - und legt Amt und Arbeit jetzt zum Jahreswechsel in die Hände von Horst Schneegaß. Die ordentliche Übergabe ist schon über einen längeren Zeitraum gelaufen. Am Donnerstag treffen sich beide an der Kai-Kante zu allerletzten Absprachen beim "Willkommen und Abschied".
Der neue Chef auf der Kommandobrücke aber ist im Hafen kein Neuling. Schneegaß war bis dato Mitgesellschafter und Geschäftsführer der Holz-Strom GmbH, einem seit dem Jahr 2005 im Industriehafen angesiedelten Unternehmen, beschäftigt mit Handel und Verwertung von Holz.
Mit dem Umschlag von Altholz aus Benelux-Staaten kam der 57-Jährige 2004 erstmals mit der Roßlauer Hafencrew ins Geschäft: mit Gunter Wolf und Gunto Mörer und Kapitän Detlef Bütow als Geschäftsführer der Sächsischen Binnenhäfen Oberelbe. "Da haben wir schnell einen Draht gefunden und einen guten Faden gesponnen."
Horst Schneegaß ist ein "Quereinsteiger" ins Hafengeschäft. Aus Aschersleben stammend, lernte er zuerst das Einmaleins als Bohrwerker im Maschinenbau. Nach einem Ökonomiestudium in Dresden wirkte Schneegaß mit bei Erfassung und Wiederaufbereitung von Sekundärrohstoffen, wurde - dann wieder in Aschersleben - Betriebsleiter bei Sero. Mit diesem Metier ist er von der Pike auf vertraut. Und blieb auch nach der Wende dabei. Nur dann von 1992 bis 2003 bei Inter-Sero in Köln. Das Duale System Deutschland (DSD) hat er da mit entwickelt, "quasi den Grünen Punkt", feixt Schneegaß.
Die Geschäfte mit Alt-Rohstoffen beschäftigten ihn weiter. Nach seiner Heimkehr in den Osten im Bioheizkraftwerk Delitzsch. Dort liefen ab 2003 jährlich bis zu 140 000 Tonnen Holz über seine Bücher. "Das waren schon riesige Posten."
Nun bezieht Horst Schneegaß ein neues Büro. Stopp! Er bezieht zwei Büros. Der neue Hafenchef in Roßlau ist zugleich Betriebsleiter in Torgau, dem benachbarten Elbhafen im SBO-Verbund. Beide Häfen sind in etwa vergleichbar in der Größe. In Torgau arbeiten fünf Mitarbeiter, in Roßlau sechs.
Die Aufgabe aber ist ziemlich identisch für multimodal orientierte Umschlag- und Logistikunternehmen mit vielfältigen Dienstleistungen. Ein kompetenter Partner zu sein für Transportunternehmen und die verladende Wirtschaft, das hat sich die SBO in all ihren Häfen auf die Fahnen geschrieben. Voraussetzung dafür und für weitere Ansiedlungen sind die Instandhaltungsmaßnahmen an der Elbe. Der Industriehafen Roßlau hat dabei mit der trimodalen Anbindung an Straße, Schiene und Wasser eine Trumpfkarte im Blatt. "Die wollen wir künftig noch gezielter ausspielen." Der Neue blickt voraus auf das große Investitionsvorhaben, was die Stadt Dessau-Roßlau auf dem Zettel hat: die Ertüchtigung des lange vernachlässigten Industriegebietes neben dem Rodlebener Hydrierwerk.
Läuft es gut, ist Mitte 2011 mit dem Baubeginn zu rechnen. Es sieht so aus, als bewegt sich noch mehr am Stromkilometer 262.