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Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: Lebensfreude der 20er wird wiederentdeckt

Von ILKA HILLGER 25.02.2011, 19:28

DESSAU/MZ. - Zwei Opern-Einakter - Kurt Weills "Der Protagonist" und Ruggiero Leoncavallos "I Pagliacci" -, inszeniert von Generalintendant André Bücker, bildeten den Auftakt für einen Reigen von rund 50 Veranstaltungen, mit dem Dessau, als Geburtsort des Komponisten Kurt Weill (1900-1950), den großen Sohn der Stadt ehrt. 140 Künstler werden bis zum 13. März an 21 Spielorten in Dessau, Wittenberg und Bitterfeld unter dem Motto "Berlin im Licht" ein Panorama der musikalisch-kulturellen Vielfalt der 1920er Jahre entfalten.

Diese Pflege des Erbes eines Komponisten in seiner Geburtsstadt lobte am am Freitagabend auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU), der beim Festakt im Rangfoyer des Anhaltischen Theaters als Schirmherr das Festival eröffnete und es als ein ganz wesentliches kulturelles Ereignis in Sachsen-Anhalt würdigte. Böhmer betonte: "Die Akzeptanz der Vielfalt, der Respekt voreinander und die unbedingte Achtung der Würde des Menschen sind die eigentlichen Grundlagen der Zivilgesellschaft, die wir gemeinsam in jeder Generation zu verteidigen haben. Die Musik ist dabei ein faszinierendes Mittel."

Mit Blick auf einen der bedeutendsten Komponisten der Moderne unterstrich Böhmer: "Die Nationalsozialisten hatten ihm sein Vaterland verdorben. In Amerika schuf er sich notgedrungen eine

neue Heimat. Dass auch aus diesem Umstand inzwischen eine Brücke geworden ist, die unsere beiden Länder miteinander verbindet, muss als ein Glück angesehen werden." Ausdruck dieser Brücke war die Anwesenheit von Gesandten-Botschaftsrat Bruce Armstrong, der in Vertretung des US-Botschafters Philip Murphy ein Grußwort des zweiten Schirmherren des Weill-Festes 2011 sprach.

Auch Dessau-Roßlaus Oberbürgermeister Klemens Koschig sparte nicht mit Dank an die veranstaltende Kurt-Weill-Gesellschaft, die mit ihrem Intendanten Michael Kaufmann und Präsidenten Thomas Markworth und deren Programm eine Verbindung zur großen Tradition der Moderne in der Stadt schaffe.

Dass die programmatische Ausrichtung des Festes und dessen Ausweitung auf 17 Veranstaltungstage auch Anklang beim Publikum findet, erklärte Thomas Markworth. "Mit zwei Wochen und damit drei Wochenenden haben wir ein Experiment gewagt", sagte er. Die geringe Steigerung der Angebote des Festes habe schon jetzt zu mehr Kartenverkäufen geführt.

Für Festintendant Michael Kaufmann erfüllen die zahlreichen Programmpunkte den Wunsch, "die Kunst dieser Zeit sprechen zu lassen und zu zeigen, wie breit und vielfältig die Kunst der 20er Jahre war".

Dabei belässt es das diesjährige Weill-Fest nicht bei einer musealen Retrospektive, sondern stellt lebendige Bezüge her zwischen der Zeit der Weimarer Republik und Heute. Dafür stehe nicht zuletzt das Ensemble Modern, das als diesjähriger Artist in Residence heute Nachmittag erstmals in einem Festivalcafé zu erleben ist und in den kommenden Tagen drei Konzerte in ganz unterschiedlichen Besetzungen bestreitet. Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass die renommierten Musiker beim Weill-Fest in Dessau zu erleben sind.

Als eine Selbstverständlichkeit bezeichnete auch Generalintendant André Bücker die Beschäftigung mit dem Werk Kurt Weills. "Es ist eine wunderschöne und notwendige Aufgabe eines Stadttheaters in der Geburtsstadt Weills sein Werk zum elementaren Bestandteil des Spielplans zu machen und dabei immer wieder neue Sichtweisen zu zeigen", sagte er.

Die Sicht auf einen schmissigen Weill, wie er am Broadway komponierte, demonstriere die Wiederaufnahme des Musicals "One Touch Of Venus", den frühen Weill präsentiert man nun mit "Der Protagonist", der ersten Oper des Dessauer Tonsetzers, für die es am Freitag in seiner Geburtsstadt ein Wiederhören vor mehr als 1 000 Zuschauern gab.