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Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: Junkers-Museum um ein Modell bereichert

Von ANNETTE GENS 03.12.2010, 19:03

DESSAU/MZ. - Sie nennen sie Frau Baum. Und Gundula Hänig lächelt über diese Bezeichnung. Den Spitznamen hat sie sich verdient. Mehr als 300 Bäumchen, dazu Sträucher und viele filigrane Zaunfelder entstanden unter ihren Händen. Wie viel Stunden Zeit sie investiert hat? "Keine Ahnung", meint sie und schaut auf das Gesamtwerk, zu dem sie quasi das Beiwerk geliefert hat: Die Platte, die das Modell der Dessauer Flugzeugwerke AG im Maßstab 1: 220 trägt, ist 3,5 mal 4,5 Meter groß. Nicht nur jeder Baum und Strauch sind darin detailgetreu nachgebildet, sondern sämtliche Hallen, Verwaltungsgebäude, Forschungsstätten und sogar ein Kraftwerk, welches zu dem Industriekomplex gehörte. Drei Jahre haben die Mitglieder des Themenkreises "Hugo Junkers" gearbeitet an ihrem Modell. Es war eine Sisyphusarbeit, weiß Gruppenleiter Dieter Fritsche.

Sonnabend ist der Tag der Abrechnung. Zur Weihnachtsfeier des Fördervereins wird das Modell dem Museum als Ausstellungsstück übergeben. Dann können sich auch die Besucher im Dessauer Junkers-Museum ein Bild machen, wie gigantisch der Rüstungs-Industriekomplex war, der nach Junkers' Enteignung und Vertreibung aus Dessau unter der Macht der Nationalsozialisten zwischen 1933 und 45 entstanden war und weshalb in der Folge die Alliierten Dessau schwer bombardiert hatten.

Die Flugzeugwerke AG befanden sich zwischen der heutigen Kühnauer Straße und der Alten Landebahn. Es muss ein riesiges Werk gewesen sein, sagt Harald Fleischer, Ingenieur und ehemaliger Mitarbeiter der Hochschule Anhalt. Viele Zeitzeugen sind von der Arbeitsgruppe im Vorfeld befragt worden, erzählt er. Alles Leute, die in dem Werk gearbeitet hatten. Ihre Beschreibungen wurden penibel mit in Archiven und in Privatbesitz vorhandenen Fotos verglichen. So entstand schrittweise eine Vorstellung davon, was alles zu den Flugzeugwerken gehörte.

Etliche Hallen gehörten zu dem Industriekomplex, den der Berliner Architekt Werner Issel zur Produktion von Flugzeugen entworfen hatte und von dem heute nur noch wenig übrig ist. Jede dieser Fabriken arbeitete relativ autark und in Taktfertigung. Alle Komplexe waren für die Eisenbahn voll erschlossen.

Welche Flugzeugtypen jedoch in den einzelnen Hallen gefertigt wurden, kann man nur anhand von Bildern vermuten, meint Fleischer. Inzwischen ist die Modellplatte mit Glas eingehaust. Das war noch einmal eine Herausforderung, aber angesichts der zurückliegenden Arbeit insgesamt doch zu meistern.

Das Modell der Flugzeugwerke sollte eigentlich längst fertig sein - doch Regen und Feuchtigkeit im Container des Fördervereins Hugo Junkers hatten fast alle nachgebildeten Gebäude, die zunächst mit Unterstützung der Hochschule Anhalt (mittels 3-D-Drucker) entstanden waren, arg zugesetzt. Das Gips-Harz-Gemisch hielt der Feuchtigkeit nicht stand. Dort wo die Technik versagt hatte, setzte das Können von Modellbauer und Ingenieur Kurt Köhler, von Bauingenieur Heinz Pohlschmidt, Dieter Fritsche, Arbeitsgruppenleiter, und den Mitgliedern Gundula Hänig, Harald Fleischer, Harald Dietrich an. Jedes modellhaft dargestellte Gebäude wurde nachgearbeitet bzw. neu gebaut. Einmal die Woche traf sich die Gruppe. Nicht wenige nahmen darüber hinaus Arbeit mit nach Hause.

Wenn am Samstag der Zieleinlauf erreicht ist, wie geht es weiter im Themenkreis? - Manche würden das nächste Projekt anpacken, auf manche wartet zu Hause eine Menge Arbeit, umschreibt Dieter Fritsche, dass noch alles offen ist. Sicher ist jedoch, dass die Mitglieder des Fördervereins für sich noch viele interessante Themen sehen, die aufgearbeitet werden könnten. Ob ein weiteres Modell darunter ist, bleibt abzuwarten.