Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: Im Hofstaat mit überlieferten Namen
DESSAU/MZ. - Dann sagt er lachend: "Raumer und Richter, das sind zwei, die sich gern in der Öffentlichkeit beharken."
Tatsächlich haben die Dessau-Roßlauer und ihre Gäste beim Besuch des Leopoldsfestes schon des öfteren Gelegenheit gehabt, Raumer und Richter beim heiter-frechen Schlagabtausch zu erleben. Sei es in der Vorwoche bei gemeinsamen Terminen im Rathaus-Center, sei es an der Marienkirche vor dem Festakt oder bei Begegnungen während des Festes. Raumer und Richter wissen mit ihrer Unerhaltung das Publikum zu unterhalten.
In die Rolle Raumers schlüpft während des Festes Joachim Landgraf, der Verwaltungsdirektor des Anhaltischen Theaters und Gründungsmitglied des Vereins zur Förderung der Stadtkultur. Er stelle dann Friedrich Amadeus Gottlieb von Raumer dar, einen anhaltischen Regierungsdirektor und Staatsminister sowie fürstlichen Gesandten, der zum Geheimrat befördert wurde.
Rohowski selbst mimt Richter, der Hofrat am Schlosse Mosigkau war, der Sommerresidenz der Lieblingstochter des Alten Dessauers. Richter habe das Vertrauen der Prinzessin Anna Wilhelmine genossen, erzählt Rohowski, wohl auch weil er Jurist und mit 23 Jahren Doktor der Jurisprudenz war.
Raumer und Richter sind also authentische Persönlichkeiten. Gleichwohl ist kein Dokument überliefert, dass davon berichtet, dass sich die beiden "beharkt" hätten. Denn Raumer starb 85-jährig im Jahr 1728, während Richter erst 1744 geboren wurde. Vielleicht sei Raumer aber auch ein ganz andere Raumer, sagt Rohowski und wirkt wieder ganz Schalk. "Es gab zig Raumers."
Es müssten auch Zugeständnisse erlaubt sein, bittet Rohowski um Verständnis für die kleinen Ungenauigkeiten. Als es darum ging, unter anderem den Festakt mit Fürst Leopold I. und der Fürstin Luise sowie vielen weiteren historischen Persönlichkeiten zu gestalten und den Zuschauern auch ein bisschen regionale Geschichte zu vermitteln, da wurde eine authentische Person gebraucht. Landgraf entdeckte und erweckte Raumer. Rohowski hatte an seinem Arbeitsplatz in Mosigkau Richter für sich vereinnahmt, um unter anderem Führungen zu gestalten. Als auch er zum Verein zur Förderung der Stadtkultur dazustieß, "da passten Raumer und Richter gut", findet er.
Wie die beiden in ihre Rollen hineingewachsen sind und sich immer wieder neue Seiten für ihr Spiel erarbeiten, so ist in Dessau auch ein beachtlicher Hofstaat herangewachsen. Waren es zunächst vor allem Gäste, mit denen sich Fürst und Fürstin umgaben, sind es inzwischen zahlreiche Vereinsmitglieder, die in ihren Kostümen das Fest bereichern und bei anderen Festen oder im Wörlitzer Park zum Beispiel für dieses werben.
Der Fürstin zur Seite gestellt sind die Oberhofmeisterin und die Oberhofdame. Diese beiden haben auch historisch belegte Namen. Angelika Pannier hat als Henriette Leopoldine Freifrau von Pannier die Organisation des gesamten Hofstaates zu übernehmen, während Angela Held als Eleonore Sophie Kornführer, die Tochter des Geheimen Kanzleirates Kornführer, die Vorsteherin der Hofdamen ist. Historische Namen tragen im Hofstaat auch die oberste Aufseherin der fürstlichen Tafel und der Fürstin Mutter. Marlies Rohowski betreut während des Festes die Kaffeetafel als Elisabeth Adelheid Marée und Sylvia Dahle tritt als Agnes Föhse auf. Zudem gehören zum Hofstaat noch Waltraud Stebner als Elisabeth Charlotte von Gröbzig, Bärbel Heinemann als Sophie Margarete von Münsterberg und Monika Sänze als Anna Mathilde von Reina.
Bei den Damen sieht es somit schon ganz gut aus, bei den Herren herrschen noch eher Phantasienamen vor, räumt Rohowski ein. Aber die Vereinsmitglieder würden sich ja langsam vortasten. Entsprechend des Reglements des Dessauer Hofstaates zur Zeit des Fürsten Leopold I. müssen sich die Vereinsmitglieder Kenntnisse über die von ihnen dargestellten authentischen Personen sowie über das Fürstenpaar und historische Zusammenhänge aneignen. Zudem ist für die Darstellung des höfischen Lebens im 18. Jahrhundert eine entsprechende Bekleidung erforderlich.
So habe der Großteil der Damen schon eigene Kleider, "was nicht billig ist", wie Rohowski betont. Die Herren würden dankenswerter Weise auf Leihgaben des Anhaltischen Theaters zurückgreifen können, "die wir eigentlich gern als dauerhaftes Vereinseigentum erwerben würden". Das könne sich ja noch ergeben, hofft er.
Und dass für manchen Besucher das Aussehen der Darsteller nicht authentisch, sondern einfach nur passend zur Zeit sein muss, das hat Rohowski als Richter erst kürzlich in Bernburg erlebt. Zur 1050-Jahr-Feier sei er von den Festbesuchern immer wieder als Alter Dessauer angesprochen worden "und dann habe ich den auch mal gegeben", sagt Rohowski schmunzelnd. Um die Worte ist er ja nicht verlegen, wie er vor und während des Leopoldsfestes bei Auftritten des Hofstaates im Gespräch mit Raumer beweisen wird.