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Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: Archive für Generationen

Von silvia bürkmann 08.05.2012, 17:05

dessau/MZ. - Das Bild hat sich tief festgesetzt in der Vorstellung über den Beruf des Archivars. Herren oder Damen mittleren Alters mit Ärmelschonern oder streng gescheiteltem Haar beugen sich an großen, alten Schreibtischen über noch ältere, verstaubte und kräftig zerfledderte Folianten: Typisch für einen Archivar?

Im dritten Geschoss der Stadtsparkasse begegnete man am Dienstag Archivaren der unverkennbaren Jetzt-Zeit, jung, gesprächig und vital und höchstens tief über ein Notebook gebeugt: In Dessau-Roßlau begann am Dienstag der Landesarchivtag Sachsen-Anhalt. An den Vorträgen, bei den vertiefenden Gesprächen und in den drei Workshops tauschen sich in Summe etwa 60 Facharchive aus rund 30 Einrichtungen im Land aus. Eine kleine archivische Fachmesse ergänzt das Angebot für die Teilnehmer. Generalthema 2012: Fotos im Archiv. Wie können sie sicher archiviert und für die Nachwelt nutzbar gemacht werden.

"Archivare denken nicht in Zehn-Jahresscheiben. Archivare denken heute in Generationen", so Ralf Jacob. Der Leiter des Stadtarchivs von Halle ist zugleich im Ehrenamt Vorsitzender des Landesverbandes Sachsen-Anhalt im Verband deutscher Archivare und hat einen Leitspruch: Archive sind keine Alt-Aktenablage, sondern eine lebendige Körperschaft. Öffentlich nutzbar. Doch welche Erwartungshaltung verbinden die Nutzer mit einem Archiv? Die Interaktion zwischen Einrichtung und Nutzer kann ebenso vielfältig sein wie Art und Ausrichtung des besuchten Archivs - eines in der Hochschule, im Kirchenkreis oder in Stadt und Land. Zur sehr stabilen Nutzerklientel gehören vor allem die ehrenamtlichen Heimat- und Regionalforscher, weiß der Landesverbandsvorsitzende. Nachgefragt und gesucht werden vor allem alte Fotobestände oder Reprografien, erlebt Frank Kreißler im Stadtarchiv Dessau-Roßlau, "das macht bis zu zwei Drittel der Nachfragen aus".

Die bildhaften Quellen zukunftssicher zu archivieren ("für Generationen") und für eine rechtssichere Nutzung bereitzuhalten, gibt dem klassischen Berufsbild des Archivars eine grundlegend neue Prägung, erfordert Umdenken und Neuausrichtung. So eröffnen heute zwei Rechtsanwälte das Tagungsprogramm. sprechen über Vertragsgestaltung, verwaiste Werke und rechtliche Fragen bei der Digitalisierung von Bildbeständen in Archiven und deren Verwertung. "Denn selbst, wenn ich ein altes Foto in der Hand halte, habe ich nicht automatisch freie Verfügungsrechte", weiß VdA-Verbandsvorsitzender Jacob.