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Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: 29-Jähriger mit Messer attackiert

Von Annette Gens 16.01.2012, 16:49

Dessau-Roßlau/MZ. - Montag, kurz nach 20 Uhr: Jessica Donath bringt gute Nachrichten. Ihr Freund lebt. Kurz zuvor war sie im Klinikum, konnte mit ihm die ersten Worte wechseln. "Er liegt zwar noch auf der Intensivstation, ist aber bei vollem Bewusstsein", sagt die junge Frau und auch, dass er trotz des schlimmen Ereignisses "die ersten Witze gerissen" habe. Jessica bekommt vor dem Dessau-Roßlauer Polizeirevier - dorthin führte Montagabend eine spontane Demonstration etwa 400 Menschen - tosenden Beifall.

Nachdem bekannt geworden war, dass am Mittag in Dessaus Innenstadt ein 29-Jähriger, Jessicas Freund, der ASG-Vorwärts-Sportler André Schubert, mit einem Messer schwer verletzt worden ist, hatte diese Nachricht via Facebook blitzschnell die Runde gemacht. Empörung über die Tat ist den Teinehmern der Demonstration anzumerken. Aber angesichts der Tatsache, dass der mutmaßliche Täter ein Schwarzafrikaner ist, fallen auch solche Worte: "Die demonstrieren auf unseren Straßen. Das können wir auch." Man habe nichts gegen Ausländer, wenn die "nicht gerade mit einem Messer zu McDonalds gehen", sagt Versammlungsleiter Ralf Pflug. Viele meinen, "was dem André passiert ist, das geht gar nicht".

Es war gegen 12.15 Uhr, als die Fahrzeuge auf der Dessauer Kavalierstraße halten, um einem Krankenwagen und dem Auto des Notarztes, ein Wendemanöver zu ermöglichen. Mit Blaulicht fahren sie mit André Schubert an Bord in Richtung Klinikum. Doch auch, als das Blaulicht außer Sichtweite ist, nimmt die Aufregung und Betroffenheit auf dem Platz wenige Meter von der Museumskreuzung entfernt, nicht ab. Neugierige bleiben stehen, die sich wundern, warum so viele Polizeiwagen dort halten und den Platz absperren.

Gegen 11.45 war es auf dem Platz vor der Mc Donalds-Filiale zu einer heftigen Auseinandersetzung gekommen, in deren Folge der 29-jähriger Dessauer Fußballer lebensgefährlich verletzt wurde. Als ihn Notarzt und Sanitäter gegen Mittag vor Ort medizinisch erstversorgen, steckt das Messer noch im Kopfbereich des Opfers. Der junge Mann schwebte laut Polizei auch am Nachmittag noch in Lebensgefahr.

Parallel zur Opferversorgung wird der mutmaßliche Täter durch Polizeibeamte festgenommen. Er habe das weitere Geschehen etwa 50 Meter vom Tatort entfernt verfolgt, berichten Augenzeugen, sei keinesfalls weggerannt. Aber als die Polizei ihn dort habe vorläufig festnehmen wollen, da habe er sich mit Händen und Füßen gewehrt.

Noch sei nicht vollends klar, was sich Montagmittag auf dem Platz gegenüber dem alten Magnet-Kaufhaus wirklich abgespielt hat, sagt Ralf Moritz von der Pressestelle der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Ost. Die Ermittlungen würden noch laufen.

Ersten Zeugenvernehmungen zufolge, soll der vermeintliche Täter versucht haben, einem älteren Dessauer das Handy zu stehlen. In das Handgemenge und in die daraus resultierenden Streitigkeiten der beiden habe der 29-Jährige, der wenige Minuten zuvor Gast im Fastfoodrestaurant gewesen war, eingreifen wollen. Daraufhin muss der Afrikaner ein Messer gezogen und zugestochen haben. Jenes Messer, das erst während der Not-OP entfernt wurde.

Es fließen erhebliche Mengen Blut aus dem Kopf des Opfers auf den Radweg der Kavalierstraße. Viele Menschen sind entsetzt. Mitarbeiter der McDonalds-Filiale bringen eine Decke und Handtücher, um den schwer verletzten jungen Mann, der auf dem eiskalten Radweg liegt, notdürftig versorgen zu können, bis kompetente medizinische Hilfe eintrifft. In dieser Zeit werden Sekunden zu Minuten, bangen Passanten mit dem Mann, der hilflos auf der Straße liegt, bereiten Polizisten die Rettungskräfte mit einem Anruf darauf vor, dass die Klinge noch in der Wunde stecke und damit Komplikationen programmiert sein dürften.

Bei dem Täter soll es sich um einen Asylbewerber aus dem Senegal handeln, der seit etwa vier Jahren auf sein Asylverfahren wartet und der unbestätigten Angaben zufolge schon vor wenigen Tagen polizeilich aufgefallen war. Er soll die Scheibe eines Fahrzeugs unmotiviert zerstört haben. Es könnten aber auch mehrere derartige Straftaten gewesen sein, die ihm an einem Tag gleich mehrere Strafanzeigen eingebracht haben sollen. Polizei und Staatsanwaltschaft wollten das am Montag weder bestätigen noch dementieren.

Die polizeilichen Ermittlungen sollen aber ergeben haben, dass nicht auszuschließen sei, dass der mutmaßliche Täter psychische Probleme habe. Darüber hinaus sei noch offen, ob der Schwarzafrikaner zur Tatzeit unter Drogen oder Alkohol gestanden habe, erklärte Oberstaatsanwalt Christian Preissner auf MZ-Nachfrage.

Gegen 17.30 Uhr gibt der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft eine gemeinsame Presseerklärung mit der Polizeidirektion ab. Darin heißt es, dass die Ermittlungen aufgrund der bisher bekannten Gesamtumstände unter dem Tatverdacht des versuchten Totschlags geführt werden. Um eine zügige Strafverfolgung zu erreichen, "ist bei den weiteren, mit aller gebotenen Gründlichkeit zu führenden Ermittlungen zunächst aufzuklären, welche Geschehnisse dem Einsatz des Messers durch den jetzt Beschuldigten vorausgegangen sind." Dafür suchen Polizei und Staatsanwaltschaft Zeugen, die mit ihrer Aussage zur Aufklärung des Tatgeschehens beitragen können.

17.30 Uhr: Aufatmen im Fußballverein, der ASG Vorwärts Dessau. Die Nachricht, dass André Schubert nach einer Notoperation im Städtischen Klinikum stabil sei, erleichtert. Stundenlang haben die Sportfreunde um das Leben des 29-jährigen Fußballers und Jugendleiters des Vereins gebangt. In das Aufatmen mischt sich aber auch Wut. Über soziale Netzwerke wird zur Demo aufgerufen.

Währenddessen befindet sich der mutmaßliche Täter in Polizeigewahrsam. Es kann davon ausgegangen werden, dass er am Dienstag einem Haftrichter vorgeführt wird.

Hinweise sollen der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Ost unter der Telefonnummer 0340 / 6 00 02 93 gemeldet werden, können auch per E-Mail an [email protected] gerichtet werden.