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Herzerkrankungen „Dessau auf Ziel 55“ - Warum in Dessau Ärzte und Pflege den Cholesterinwert in den Blick nehmen

Cholesterinwerte sind wichtig. Eine deutschlandweite Kampagne zur Herzgesundheit erreicht nun die Doppelstadt und nimmt diese deshalb im Blick. Was das Ziel ist.

Von Silvia Bürkmann Aktualisiert: 30.04.2025, 15:57
Telefonsprechstunde mit Priv-Doz und Chefarzt für innere Medizin II Dr.med Georg Fürnau im Städtischen Klinikum Dessau
Telefonsprechstunde mit Priv-Doz und Chefarzt für innere Medizin II Dr.med Georg Fürnau im Städtischen Klinikum Dessau Foto: Thomas Ruttke

Dessau/MZ. - Im Domero Hotel an der Ecke Poststraße/Zerbster Straße steht am Mittwoch, 30. April, eine große Tagung ins Haus: Das Ärzte-Netzwerk „Dessau auf Ziel 55“ wird Partnerkommune der deutschlandweiten Kampagne der Lipid-Liga zum Schutz von Herzpatienten vor einem wiederholten Herzinfarkt.

Schirmherr ist Oberbürgermeister Robert Reck, die wissenschaftliche Expertise liegt in den Händen der Kardiologen Dr. Karin Rybak, ärztliche Leiterin des MediClin MVZ in Dessau-Roßlau, und Priv-Doz Dr. Georg Fürnau, Chefarzt der Klinik Innere Medizin im Städtischen Klinikum Dessau.

Im Dessauer Klinikum werden im Jahresdurchschnitt 250 Herzinfarktpatienten behandelt

Das Kernproblem: Deutschland hat viele Katheterlabore und im Vergleich zu anderen europäischen Staaten auch eine hohe medizinische Versorgungsdichte, demgegenüber aber eine große Sterblichkeitsrate durch Herzerkrankungen. Wie Fürnau gegenüber der MZ darlegte, erleiden in Deutschland im Schnitt pro 100.000 Einwohner 230 Menschen pro Jahr einen Herzinfarkt. Im hiesigen Klinikum werden im Jahresdurchschnitt 250 Herzinfarktpatienten behandelt.

„Wir haben landesweit das Problem einer hohen Sterblichkeitsrate bei Herzinfarkten.“ Im Deutschland-Vergleich rangiert Sachsen-Anhalt nach Berlin und dem dünner besiedelten Mecklenburg-Vorpommern auf dem traurigen dritten Platz dieser Statistik. „Ein wichtiger Baustein ist hier die passgerechte medikamentöse Einstellung der Risikopatienten insbesondere nach bereits erlittenen Herzinfarkten. Wir sollten unserem Herzen unbedingt mehr Aufmerksamkeit zuwenden“, will Fürnau eine „Herzallianz“ schmieden.

Wie internationale Studien belegen, spielt für die Herzgesundheit ein stabiler Cholesterinspiegel eine wichtig Rolle. Das erklärte „Ziel 55“ ist die Zielmarke. Der Wert im Blut solle bei Risikopatienten dauerhaft unter 55 Milligramm pro Deziliter liegen – oder unter 1,4 Millimol pro Liter.

Die Lesarten sind deutschlandweit verschieden, der Fakt nicht: Ein niedriger Cholesterinspiegel verringert das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall oder einer notwendigen Stentbehandlung oder Bypassoperation um 20 bis 25 Prozent.

„Diese Vorbeugung muss hierzulande massiv besser werden“, appelliert Dr. Fürnau. „Denn der empfohlene Wert von 55 mg/dl wird deutschlandweit nur von etwa 16 Prozent der so genannten Risikopatienten erreicht.“ Somit erklärt sich auch das Ziel der Veranstaltung im Domero-Hotel. Man wolle dem Fachpersonal aus Ärzteschaft, Hausarztpraxen und Pflege vor allem die neuen Daten vermitteln und nahebringen.

Während bei manch anderen Krankenbildern der Patient auch viel selbst in der Hand hat, hilft ihm bei erhöhtem Cholesterin einzig das Medikament in richtigem Maße

Denn die medizinische Versorgung ist entscheidend, wenn es ans und ums Herz geht. Denn während bei manch anderen Krankenbildern der Patient auch viel selbst in der Hand hat, hilft ihm bei erhöhtem Cholesterin einzig das Medikament in richtigem Maße. Der Körper produziert etwa 90 Prozent des Cholesterins im Blut selbst, vermutlich weil er es für verschiedene, teils falsch programmierte Stoffwechselvorgänge benötigt. Aus der Nahrung wird – im Gegensatz zur landläufigen Meinung – auch aus sehr cholesterinreichen Lebensmitteln nur sehr wenig Cholesterin aufgenommen. So hätte beispielsweise auch die einst empfohlene strikte Abstinenz von Eiern in der Ernährung keinen relevanten Einfluss auf den Cholesterinspiegel im Blut. Das Frühstücksei also ist nicht spielentscheidend.

Die allgemeinen Empfehlungen der Ärzte fürden gesundheitsbewussten Lebenswandel konzentrieren sich in Sachen Cholesterin also auf den möglichst kompletten Nikotinverzicht und ausreichende Bewegung, um Übergewicht zu vermeiden.

Deutschlandweite Kampagne „Auf Ziel 55“ wurde bereits im Jahr 2020 gestartet

Dass über 80 Prozent der kardiovaskulären Risikopatienten in Deutschland therapeutisch nicht gut eingestellt sind, veranlasste die Deutsche Gesellschaft für Lipidologie (Lipid-Liga) zur Kampagne für Gesundheitsbewusstsein im Hinblick auf die primäre und sekundäre Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Aus diesem Grund hat die DGFL – Lipid-Liga bereits vor vielen Jahren den Aktionstag „Tag des Cholesterins“ ins Leben gerufen und im Jahr 2020 in Jena die Initiative „Auf Ziel 55“ gestartet. Letztlich sollen überall im Land interdisziplinäre Netzwerke aus Ärzten verschiedener Fachrichtungen aus Klinik und ambulantem Bereich entstehen. Dessau-Roßlau ist nun dabei.