Der tragische Luftfahrtheld Der tragische Luftfahrtheld: Sonderausstellung im Dessauer Technikmuseum widmet sich Konstrukteur Brunolf Baade

Dessau - All die Mühen, all das gesammelte Wissen und die gewonnenen Erkenntnisse, die Brunolf Baade in Jahrzehnten erworben hatte, sollten sich an jenem 4. März 1959 endlich auszahlen.
Das Strahlflugzeug Typ 152 war sein „Baby“. In diesen ersten deutschen Verkehrsjet investierte Baade (1904 - 1969) als Chefkonstrukteur viel Know-how. Die DDR ging für die Entwicklung der Maschine bis an ihre finanziellen Grenzen.
Die Sonderausstellung „Brunolf Baade - ein deutscher Luftfahrtpionier“ zeigt im Technikmuseum „Hugo Junkers“ noch bis zum 30. September den Werdegang eines Ehrgeizigen, der auf sehr eigene Weise Luftfahrtgeschichte schreiben sollte und wie selbstverständlich zwischen den sehr unterschiedlichen Welten wandelte: Weimarer Republik, USA, Sowjetunion und DDR.
Ein Erstflug der „152“ wurde schon im Dezember 1958 erfolgreich absolviert
Ein Erstflug der „152“ wurde schon im Dezember 1958 erfolgreich absolviert. Im März 1959 war es an der Zeit endlich die Ernte einzufahren. Von Dresden nach Leipzig sollte der „Superjet“ fliegen und dort auf der Messe dem Staatsgast Nikita Chruschtschow präsentiert werden - als Überraschung von Walter Ulbricht. Das Kalkül der DDR-Staatsführung war dabei, die Gunst der Stunde zu nutzen und mit dem „großen Bruder“ Kaufverträge abzuschließen, um den Prototyp endlich in Serie fertigen zu können.
Doch ein Absturz kurz nach dem Start in Dresden verhagelte den Triumph gegenüber der Sowjetunion und vor allem gegenüber dem Westen. Die Niederlage war perfekt. Mit aller Macht versuchte die DDR-Regierung ihr Prestigeobjekt doch noch serienreif zu kriegen. Weitere Tests waren durchaus vielversprechend. Doch weil der DDR zunehmend das Geld ausging, wurde das Projekt 1961 endgültig eingestellt. Die Sowjetunion hatte mittlerweile ihre eigenen zivilen Verkehrsjet in Produktion. Später dominierten Boeing und Airbus diesen Markt.
Die Geschichte von Brunolf Baade soll im Dessauer Technikmuseum erzählt werden
Die Geschichte von Brunolf Baade ist es Gerd Fucke, dem Geschäftsführer des Technikmuseums „Hugo Junkers“, wert, um sie in den Räumlichkeiten in der Kühnauer Straße zu erzählen. „Er war ein Kämpfer, der für seinen Traum, in führender Position etwas zu konstruieren, immer wieder neue Herausforderungen annahm“, lobt Fucke den Ehrgeiz und die Hartnäckigkeit von Brunolf Baade.
Unter anderem der Heimatverein von Eichwald bei Berlin, wo Baade zuletzt lebte, und sein Schwiegersohn haben Dokumente und Exponate zusammengetragen, die in ihrer jetzigen Hülle und Fülle erstmals der Öffentlichkeit in Dessau präsentiert werden. Auch der Flugzeug-Chefkonstrukteur der DDR kam in seiner langen Karriere nicht an der Stadt an Elbe und Mulde vorbei.
Mit wichtigem Wissen im Gepäck kam er 1954 zurück in die DDR
Der gebürtige Berliner, der erfolgreich Maschinenbau in Berlin und München studierte, war auch ein Abenteurer. Unter anderem nach Südamerika und in die USA verschlug es ihn, um sein Wissen über Flugzeugkonstruktionen zu mehren. Mit einer erfolgreichen Bewerbung als Leiter einer Konstruktionsabteilung bei den Junkerswerke in Dessau, kehrte er 1936 nach Deutschland zurück.
Als es ihn schon zwei Jahre später wieder in die USA zog, untersagten ihm die hiesigen Behörden die Ausreise. Mit einem trauten Heim in der Oechelhäuserstraße 33 und einem kriegswichtigen Posten bei Junkers verbrachte Baade mit seiner Familie die Kriegszeit in Dessau.
Nach dem Krieg beauftragte ihn die sowjetische Administration mit dem Wiederaufbau der kriegsgeschädigten Junkerswerke. 1946 ging, wie für Hunderte anderer Junkersleute, die Reise für Baade in die Nähe von Moskau, um beim Aufbau der sowjetischen Flugzeugindustrie zu helfen. Mit wichtigem Wissen im Gepäck kam er 1954 zurück in die DDR.
„Als wir im Mai wieder eröffneten, herrschte die ersten Wochen Flaute“
In Dresden sollte die volkseigene zivile Luftfahrtindustrie aufgebaut werden. Mit dem ersten deutschen Verkehrsjet wollte Baade sich ein Denkmal setzen. Dass es beim Prototypen blieb, machte ihn zum tragischen Helden, tat seiner Karriere aber keinen Abbruch. Wo er sich später erfolgreich beweisen konnte, ist in der Ausstellung ebenso dokumentiert, wie das plötzlich erstaunlich frostige Verhältnis der DDR zum verdienstvollen Wissenschaftler in seinem letzten Lebensjahr 1969.
Diese Sonderausstellung, deren Eröffnung ursprünglich Mitte April geplant war, soll dem Technikmuseum helfen, wieder an die Besucherzahlen vor Corona anzuknüpfen. „Als wir im Mai wieder eröffneten, herrschte die ersten Wochen Flaute, weil die Leute noch sehr unsicher waren. Derzeit bewegen wir uns auf einem Niveau von 70 bis 80 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum“, konstatiert Fucke und hofft auf eine weitere Normalisierung in der Sommerferienzeit. (mz)
Die Sonderausstellung „Brunolf Baade - ein deutscher Luftfahrtpionier“ ist noch bis zum 30. September 2020 im Technikmuseum „Hugo Junkers“ in der Kühnauer Straße 161a zu den üblichen Öffnungszeiten, täglich von 10 bis 17 Uhr, zu sehen.

