Der gute Immobilien-Hai? Der gute Immobilien-Hai?: Syndikat GmbH hat Interesse an Wohnblock in Dessauer Heidestraße

Dessau - Sie heißen Thiembuktu, Grafschaft31, Knotenpunkt, Kesselhof. Und man findet sie in Greifswald, Berlin, Kirchzarten. Es sind Plattenbauten, ehemalige Gewerbeimmobilien oder Gründerzeithäuser, die Mieten betragen meist um die fünf, sechs Euro, selten mehr und manchmal lediglich 2,94 Euro. 149 Wohnprojekte in ganz Deutschland hat das Mietshäuser Syndikat in Deutschland realisiert - und eines der nächsten könnte in Dessau entstehen.
Das jedenfalls ist die Idee des Vereins Urbane Farm. Der plant, den Plattenbau an der Heidestraße 43 bis 59 an der Kreuzung zur Wasserwerkstraße zu erwerben und zu sanieren. Die Besonderheit: Die Sanierung erfolgt nicht nur sozial verträglich. Sondern das Projekt ist so konstruiert, dass es dauerhaft jeglicher Spekulation entzogen wird.
Heike Brückner hat das im frühen Stadium stehende Projekt am Montag in der Volkshochschule vorgestellt. Sie kommt vom Verein Urbane Farm, der im Viertel Leipziger Tor, Zentrum des Stadtumbaus öffentlich Gemüsebeete bewirtschaftet. Sie kennt auch sonst das Gebiet, in dem gut zwei Drittel aller Häuser abgerissen wurden, denn sie hat sich als Mitarbeiterin des Bauhauses intensiv damit beschäftigt. Ihre Botschaft an die Handvoll Interessenten: „Man kann natürlich auch dann mitmachen, wenn man kein Geld hat.“
Das Mietshäuser Syndikat will bezahlbare Mieten sicherstellen und den Mietern ein selbstbestimmtes Wohnen ermöglichen
Garantieren soll dies die 1996 in Freiburg im Breisgau gegründete Mietshäuser Syndikat GmbH. Das klingt zunächst verdächtig nach einer klassischen Immobilienfirma, ist aber ungefähr das Gegenteil davon. Das Mietshäuser Syndikat will bezahlbare Mieten sicherstellen und den Mietern ein selbstbestimmtes Wohnen ermöglichen. So genannte Direktkredite sollen die Kosten für Kapitaldienste senken. Und: Das Haus soll kein Spekulationsobjekt werden.
Das funktioniert so: Ein Verein von Interessenten bereitet das Projekt für eine konkrete Immobilie vor und gründet mit dem Syndikat eine Hausbesitz GmbH. Syndikat und Verein verfügen über jeweils eine Stimme, Entscheidungen können somit nur einstimmig gefällt werden.
Bei der Finanzierung spielen so genannte Direktkredite eine wichtige Rolle. Es sind Kredite, die von den Mietern eingebracht werden können (aber nicht müssen). Ebenso können sich Leute beteiligen, die das Projekt unterstützen, aber nicht ins Haus einziehen wollen. Die Kredite sind niedrig verzinst und werden aus den Mieteinnahmen zurückgezahlt. Allerdings: Im Falle einer Pleite besteht die Gefahr, dass die Kreditgeber leer ausgehen, die immer noch erforderlichen Bankdarlehen haben Vorrang. 2010 ist das bei einem Projekt geschehen, 400.000 Euro waren „weg“, aber immerhin 110.000 Euro davon konnten über Spenden zurückgezahlt werden.
Die Mieter entscheiden, wie ihr Haus, ihre Wohnungen saniert werden und aussehen
Ein weiterer Vorteil: Die Mieter entscheiden, wie ihr Haus, ihre Wohnungen saniert werden und aussehen, kein Immobilieneigentümer oder Bauträger. Die Platte vom Typ Ratio P2 in der Heidestraße erweist sich dabei als flexibler, als es auf den ersten Blick erscheinen mag. Von der winzigen Singlewohnung bis zur großen für eine Wohngemeinschaft ist grundsätzlich alles möglich.
Bislang ist das Projekt in einem sehr frühen Stadium, eher kann man wohl von einer Idee sprechen. Wie realistisch es ist, lässt sich so früh nicht abschätzen. Manche Syndikat-Projekte brauchten zwei, andere zehn Jahre von der ersten Idee bis zur Umsetzung. (mz)